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Syrische Aufständische haben Aleppo und andere Ortschaften eingenommen. Es ist das erste Mal seit vier Jahren, dass sich die Fronten im Land so stark verschieben. Wird das Assad-Regime seine Macht nach 13 Jahren Bürgerkrieg doch verlieren?

Syrien ist derzeit in vier unterschiedliche Teile gegliedert, die von verschiedenen Interessengruppen besetzt sind und regiert werden. Der größte Teil des Landes steht immer noch unter der Herrschaft des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad.

Assad regiert Syrien seit dem Jahr 2000 diktatorisch. Vorher war sein Vater Hafez al-Assad an der Macht. Seit 2011 herrscht Bürgerkrieg in dem Land.

Ein Teil der Bevölkerung kämpft seit dem sogenannten "Arabischen Frühling" für Freiheit und Demokratie, für Syrien und gegen die Herrschaft der Assads. Bisher hält Baschar al-Assad aber immer noch die Kontrolle über einen großen Teil des Landes. Das betrifft die zentralen und südlichen Regionen Syriens inklusive der Hauptstadt Damaskus.

"Gleichzeitig haben wir die Unterstützer des Regimes: Russland, geschwächt beziehungsweise gebunden mit dem Krieg in der Ukraine. Und die islamische Republik Iran, die sich ja in einem Konflikt mit Israel befindet."
Kristin Helberg über die geschwächten Verbündeten des Assad-Regimes

Das Assad-Regime wird von Russland und dem Iran unterstützt. Aktuell ist Russland jedoch so ins Kriegsgeschehen in der Ukraine involviert, dass die Hilfe für das Assad-Regime geschwächt ist, erklärt Politikwissenschaftlerin Kristin Helberg.

Auch der Iran und die Hisbollah seien seit einem Jahr zunehmend durch den Krieg im Nahen Osten gefordert, sagt Kristin Helberg. Das Assad-Regime hat also an Unterstützung verloren und ist geschwächt, andere Interessengruppen im Land konnten – auch deswegen – Erfolge erzielen, etwa in der Stadt Aleppo.

Landgewinne für Assad-Gegner

Neben dem Assad-Regime teilen sich drei weitere Interessengruppen die restlichen syrischen Gebiete. In Teilen des Nordens und des Nordostens leben Kurden. Die von ihnen dominierten Gebiete werden offiziell als autonome Verwaltung von Nord- und Ostsyrien (AANES) bezeichnet.

Die Türkei wiederum unterstützt Milizen, die Gebiete entlang der syrisch-türkischen Grenze unter ihre Kontrolle gebracht und dort Verwaltungsstrukturen geschaffen haben. Die letzte der vier Interessengruppen ist ein Bündnis, mit dem Namen HTS (Hayat Tahrir al-Sham).

"Im Nordwesten haben wir dieses Gebiet, was von HTS, einem Zusammenschluss extremistischer Milizen, kontrolliert wird, die sind jetzt in Aleppo vorgerückt."
Kristin Helberg über die geschwächten Verbündeten des Assad-Regimes

In der Region Idlib im Nordwesten von Syrien ist das HTS die dominierende Macht. Hinter HTS stehen extremistische Milizen, erklärt Kristin Helberg. Auch wenn das Bündnis aus einem Ableger der islamistischen al-Qaida hervorgegangen ist, hält Krisin Helberg es nur für gemäßigt islamistisch.

"Sehr viele Menschen, die in den Reihen dieser Islamisten mitkämpfen, haben wahrscheinlich gar nicht so ein geschlossenes islamistisches Weltbild."
Kristin Helberg über die Mitglieder der HTS

Viel mehr gehe es darum, sich islamtreu zu zeigen, um die Unterstützung der Türkei und Saudi-Arabiens in Form von Waffen zu erhalten, erklärt Helberg. Mit dieser Unterstützung konnte das HTS jetzt in die umkämpfte Stadt Aleppo einmarschieren und diese zu ihrem Gebiet erklären.

Zunächst blieben dem geschwächten Assad-Regime nicht viele Mittel zur Gegenwehr. Assad versucht aktuell, seine Unterstützer zu aktivieren, sagt Kristin Helberg. Aufgrund dieser Mobilisierung hat Russland jetzt wieder Luftangriffe auf Idlib und Aleppo geflogen. Es ist zu befürchten, dass der Konflikt der unterschiedlichen Interessengruppen zulasten der Bevölkerung eskaliert und sich die humanitäre Krise in Syrien zuspitzt, sagt Kristin Helberg.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Rebellen erobern Aleppo
Syrien: Wer hat jetzt die Macht?
vom 03. Dezember 2024
Moderation: 
Ilka Knigge
Gesprächspartner: 
Fadi Obed, 2015 aus Syrien nach Deutschland geflüchtet
Gesprächspartnerin: 
Kristin Hellberg, Journalistin und Nahost-Expertin