Sie schnaufte schon, bevor es überhaupt von der Wartburg aus losging. Dann ist Rebecca Maria nach Budapest gelaufen. Sie hat sich selbst damit überrascht, sagt sie.
Sie konnte sich nicht vorstellen, 100 Kilometer zu schaffen und bezeichnet sich als Wandermuffel. Rebecca Maria Salentin ist dann doch den ganzen Fernwanderweg von Eisenach nach Budapest gelaufen. Die rund 2.700 Kilometer hat sie in viereinhalb Monaten geschafft – ohne Zeitdruck.
"Ich hatte wahnsinnig viele Ängste. Ich hatte Angst davor, wild zu campen", sagt sie. Die letzten 500 Kilometer durch Ungarn kamen ihr dann vor wie ein Spaziergang. Sie war mit einem Basisgepäck von rund zehn Kilo unterwegs. Mit Proviant und Wasservorrat seien es auch mal 16 Kilogramm gewesen.
Wanderroute seit 1983
Der Internationale Bergwanderweg der Freundschaft – abgekürzt EB – führt von der Wartburg in Eisenach durch Deutschland, Tschechien, Polen, Slowakei und Ungarn. Es gibt ihn seit 1983. "Das war der einzige grenzüberschreitende Wanderweg, den es im Sozialismus gab", berichtet Rebecca Maria Salentin.
"Auf dem EB kann man sich noch ein bisschen als Pionier oder Pionierin fühlen, weil der so vergessen wurde."
Als sie losgegangen ist, war sie ein schlüsselloser Mensch. Keine Wohnung, kein Briefkasten, kein Fahrrad warteten auf sie. Ihr Café hatte sie verkauft. Rückblickend ein merkwürdiges Gefühl, erinnert sich Rebecca: "Du stehst jetzt ein bisschen vor dem Nichts."
Aufbruch ohne Schlüssel
Ihre zwei Söhne waren volljährig, ihre langjährige Beziehung war überraschend zu Ende gegangen und sie musste in diesem Zusammenhang auch ihre Wohnung in Leipzig aufgeben.
"Es war eher so das Gefühl: Ich habe verdammt viel verloren. Ich muss mir den Boden unter den Füßen zurückerlaufen."
Auf dem Weg sei ihr nie langweilig geworden, sagt Rebecca Maria. Flucht und Vertreibung, die Geschichte der Lemken, Kriegsspuren, die ruthenische Sprache und Geschichte: Mit all diesen Themen ist sie aufgrund des Wanderns und ihrer Kontakte zu Einheimischen in Berührung gekommen. "Es wird nie langweilig auf diesem Weg", sagt Rebecca Maria.
Auch zur Orientierung war sie manchmal auf Hilfe vor Ort angewiesen. Technische Hilfe hatte sie durch eine App und GPS. Sie rät davon ab, nur mit dem Wanderführer in Buchform loszulaufen. Über den Weg sagt sie: "Das wirkt als ob da seit den 80er keiner mehr langgegangen wäre. Du findest manchmal den Weg nicht mehr im Wald."
Ihr Resümee: Die größte Veränderung, das Wichtigste an ihrer ganzen Reise war es, dass sie sich überhaupt auf den Weg gemacht hat.
"Das Ankommen ist nicht das Wichtige. Das Wichtige ist das Losgehen. Der erste Schritt ist der wichtigste."
Wie glücklich das Ganze dann ausgegangen ist, erfahrt ihr, wenn ihr das Gespräch anhört. Klickt oben auf Play.