Toyah ist von Berlin aufs Land gezogen und beschreibt ihr Leben jetzt. Soziologe Frederick Sixtus sagt, dass sie mit ihrem Umzug im Trend liegt.
Wie nach einer Trennung habe sie geweint, sagt sie. Seit rund zwei Wochen lebt Toyah nicht mehr in Berlin. Mit ihrem Partner und den zwei Kindern ist in die Nähe von Bielefeld in Nordrhein-Westfalen gezogen und sagt: "Wir sind weggezogen, weil wir unsere Ruhe haben wollen."
Das Dorf, in dem sie heute wohnt, hat keine 3.000 Einwohner*innen, Berlin hat 3,6 Millionen. Durch den Umzug hat sie gute Luft und viel Ruhe gewonnen, findet die Unternehmerin, die vollständig remote arbeiten kann.
"Wenn ich morgens das Fenster aufmache und atme diese Luft ein, bin ich einfach nur glücklich."
Das Leben mit ihrem Kind habe die Fassade Berlins bröckeln lassen, sagt Toyah. Das viele Rumfahren, die Kriminalität. Das fand sie nicht mehr amüsant: "Als Mutter habe ich nicht mehr darüber gelacht."
Corona als Motivation für den Umzug
Inzwischen ist der Unternehmerin klar: "Berlin ist nicht der Nabel der Welt." Die Coronapandemie hat die Entscheidung zum Umzug schon deutlich beeinflusst: "Hätte es Corona nie gegeben, wäre ich nicht weggezogen."
Auf Unverständnis ist ihr Umzug nur bei Leuten ohne Kinder getroffen oder solchen, die in Berlin geboren sind. Eine Rückkehr ist für Toyah sowieso nicht ausgeschlossen.
Toya ist nicht alleine. In Deutschland sind in den vergangenen rund fünf Jahren mehr Menschen aus Städten in kleinere Gemeinden und Dörfer gezogen. Dieser Trend zeichnet sich bereits seit 2017 ab, sagt Frederick Sixtus vom Berlin-Institut. Die Corona-Pandemie habe diese Entwicklung verstärkt.
Berlin und Abwanderung
Der Soziologe hat die Studie "Landlust neu vermessen" des Berlin-Instituts und der Wüstenrot-Stiftung mit verfasst. Er weist darauf hin, dass während der Maßnahmen zum Infektionsschutz zeitweise das Reizvolle am Stadtleben weggebrochen sei. Beispielsweise das Nachtleben, das Kulturleben und die relative Nähe zu vielen anderen Menschen. Er betont, dass Berlin im Jahr 2020 seit langer Zeit wieder Einwohner*innen verloren hat.
Auch wenn die Wohnkosten auf dem Land auch teurer werden, sei bezahlbarer Wohnraum außerhalb der Städte ein Hauptmotiv dafür, der Großstadt den Rücken zuzukehren. "Die Pandemie hat diese neue Landlust nicht verursacht, aber der Entwicklung einen Schub verpasst, sagt Frederick Sixtus.
"Die Pandemie hat diese neue Landlust nicht verursacht, aber der Entwicklung einen Schub verpasst."
Für kleinere Städte und Dörfer hingegen sei das eine gute Nachricht. Die Zuwandernden könnten dabei helfen, verschiedene demografische Herausforderungen und Probleme abzumildern. Frederick Sixtus nennt beispielsweise den Erhalt einer Grundschule, eines Dorfladens.
Trotzdem reichten die Wanderungsgewinne vielerorts nicht aus, um die Sterbeüberschüsse auszugleichen. "Die Bevölkerung schrumpft trotz Zuzugs weiter", sagt der Soziologe.
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- Frederick Sixtus, Soziologe, Berlin Institut
- Toyah, ist von Berlin aufs Land in NRW gezogen