Normalerweise überprüfen Fachmagazine die wissenschaftlichen Einreichungen vor Veröffentlichungen. Raubverleger tun genau dies nicht - für sie zählt nur das Geld.
Wissenschaftliche Erkenntnisse werden in der Regel in Fachzeitschriften veröffentlicht und so einer (Fach-)Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Vorher findet meist ein Peer Review statt, also eine Überprüfung der Thesen und Ergebnisse durch andere auf dem Gebiet versierte Wissenschaftler. So ist gewährleistet, dass wissenschaftliche Beiträge und die wissenschaftliche Arbeit an sich Mindeststandards erfüllen und als plausibel gelten.
In den vergangenen Jahren - und jetzt vermehrt auch in Deutschland - haben sich sogenannte Raubverleger etabliert, denen die bisher geltenden Standards egal sind und die gegen Geld einfach alles veröffentlichen, was Wissenschaftler einreichen. Die Raubverleger erstellen dabei Schrott-Magazine, die den Eindruck erwecken, es handele sich um seriöse Medien.
Das Problem: Sie prüfen nichts, veröffentlichen alles und erzeugen selbst bei Fachleuten den Eindruck, es handele sich um eine seriöse wissenschaftliche Publikation. Dadurch könne das Vertrauen in die Wissenschaft beschädigt werden, sagt Joachim Funke, Professor am psychologischen Institut der Universität Heidelberg.
"Wenn ich Wahr und Falsch nicht mehr unterscheiden kann, dann wird das Vertrauen in die Wissenschaft hochgradig gefährdet".
In einem Fall hat ein Wissenschaftler ein Paper eingereicht in der Annahme, es würde ein Peer Review stattfinden. Nach nur 20 Sekunden bekam er vom Raubverleger die Nachricht, das Paper sei angenommen. "Da ist es offensichtlich, dass eine solche Prüfung nicht stattgefunden haben kann", sagt Martin Köhler vom Forschungszentrum Desy in Hamburg.
Laut Recherchen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung sind inzwischen 5000 Wissenschaftler in Deutschland, 400.000 weltweit betroffen. Auch Mitarbeiter von Unternehmen haben schon bei Fake-Journalen veröffentlicht.
Der Nutzen für die Wissenschaftler: Sie können Veröffentlichungen nachweisen - und die brauchen sie für ihre Karriere. Allerdings würden die meisten wohl eher aus Naivität handeln, sagt Wissenschaftsjournalist Frank Grotelüschen, und weniger im Bewusstsein, zu täuschen.
"Viele fallen einfach drauf rein. Wenige machen das ganz bewusst, um die eigenen Veröffentlichungszahlen hochzuschrauben."
Die Raubverleger fälschen nicht nur Fachmagazine, sondern organisieren auch Scheinkonferenzen. Auch hier ist ihr einziges Ziel: Geld. Sie erstellen Webseiten, die Konferenzen bewerben, die niemals stattfinden werden. Wer nicht kritisch genug ist, meldet sich dort an und überweist die Konferenzgebühr. Wer noch mehr überweist, kann sich per Mausklick auch als Hauptredner anmelden.
Vor Raubverlegern schützen, seriöse Journale finden
Wissenschaftler, die nicht ganz sicher sind, ob es sich bei einem Journal um ein seriöses handelt, können zum Beispiel bei der Uni-Bibliothek um Hilfe bitten. Hilfreich ist auch die Checkliste "Think Check Submit". Das Wichtigste: Das Thema auf dem Schirm haben und kritisch sein bei der Auswahl von Journalen und Konferenzen.
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