Spürhunde gehören selbstverständlich zum Bild an Flughäfen, Bahnhöfen und Grenzen. Dabei gibt es Tiere, die noch viel besser schnüffeln können. Unser Reporter Lukas Scheid hat ein Ausbildungscamp für Spürratten besucht.
Ratten haben einen noch besseren Geruchssinn als Hunde und können neben Sprengstoff auch bestimmte Krankheiten oder geschmuggelte Tiere erkennen. Deutschlandfunk-Nova-Reporter Lukas Scheid ist nach Tansania ins Apopo Research Center gereist, wo Spürratten erforscht und ausgebildet werden.
Neun Monate Ausbildung zur Landminen-Spürratte
Das Forschungszentrum Apopo liegt vier Busstunden von Dar es Salaam, Tansanias größter Stadt, entfernt. Neun Monate lang arbeiten dort Rattentrainer beinahe täglich mit den Tieren, um sie durch gezielte Konditionierung für bestimmte Gerüche zu sensibilisieren. Über hundert Gambia-Riesenhamsterratten werden in der Anlage gehalten.
Als Übungsterrain dient ein 400 Quadratmeter großes Feld, auf dem entschärfte Landminen vergraben sind. Die Ratten müssen sie finden und darauf aufmerksam machen. Dazu werden sie an einer Drahtschnur über die Fläche geführt. Wenn ein Tier aufgeregt über den Boden kratzt und auch noch richtig liegt, gibt es zur Belohnung ein Stück Banane. Das ist klassische Konditionierung, erklärt die Ausbildungsleiterin Cindy Fast.
"Wenn du dich auf bestimmte Weise verhältst, während da dieser Geruch ist, bekommst du was Leckeres zu essen. In der Verhaltensforschung nennen wir das einen diskriminativen Reiz."
Mit ihren Fähigkeiten könnten die Ratten die Suche nach Sprengstoff in ehemaligen Kriegsgebieten und auch an Verkehrsknotenpunkten erleichtern. Warum dennoch hauptsächlich Hunde für diesen Job eingesetzt werden, erklärt sich Cindy Fast mit der besonderen Beziehung zwischen Mensch und Hund.
"Zu Hunden haben wir diese besondere Beziehung, nicht aber zu Ratten. Es ist für viele schwer zu glauben, dass Ratten einen großartigen Geruchssinn haben und dass sie leicht zu dressieren sind."
Bemerkenswert ist auch der zweite Ausbildungszweig für die Ratten von Apopo: Das Erkennen von Krankheiten, insbesondere Tuberkulose. Die hochinfektiöse Lungenkrankheit ist laut der Weltgesundheitsorganisation WHO ein ernstzunehmendes Problem. Die Anzeichen für eine Erkrankung frühzeitig zu erkennen, sei im Labor schwierig, erklärt Cindy Fast.
Bei Verdacht auf Tuberkulose machen lokale Krankenhäuser einen Standardtest unter dem Mikroskop. Der ist nicht besonders zuverlässig. Viele positive Proben werden nicht als solche erkannt."
Für die Ratten spricht, dass 40 Prozent der im Labor fehlerhaft getesteten Fälle von den Nagern erkannt wurden. Außerdem schaffen die Tiere viel mehr Proben als die menschlichen Kollegen. Unter dem Mikroskop können 25 Proben am Tag überprüft werden. Die ausgebildeten Ratten dagegen schaffen 100 Proben in 20 Minuten, häufig sind sie sogar noch schneller.
Ratten erschnuppern Tuberkulose im Vorbeigehen
Um tuberkuloseverdächtige Proben zu erkennen, muss die Ratte gleich an mehreren schnuppern. Geht sie von einer zur nächsten, ist das ein gutes Zeichen. Nur wenn sie stehen bleibt und drei Sekunden an einer verharrt, wird die Probe markiert. Weil die Ratten von der WHO nicht als Diagnose-Methode anerkannt werden, müssen diese Proben aber nochmal unters Mikroskop.
Derzeit erforscht Apopo, wie gut Ratten Alzheimer, Parkinson und Krebs identifizieren können, aber auch durch Salmonellen oder Pestizide verunreinigte Lebensmittel könnten dank ihrer Spürnasen schneller gefunden werden.
Das neueste Forschungsgebiet ist das Erkennen tierischer Schmuggelware: Tigerknochen, Elfenbein, oder Schuppentierhäute - der weltweite Handel mit diesen Gütern wird derzeit noch mit Spürhunden verfolgt und bekämpft.
"Ich glaube viele verstehen die Rolle der Ratten nicht. Es ist nur ein Werkzeug in einem ganzen Werkzeugkasten. Die endgültige Diagnose wird nicht von den Ratten gemacht. "
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