In einem Löschteam in Dublin sollen die Trainer dazu aufgerufen haben, rassistische Facebook-Inhalte bewusst nicht zu löschen. Die führen nämlich zu vielen aktiven Usern.
Ein britischer Undercover-Reporter hat sich von Facebook als sogenannter Content Moderator in einer Löschfarm anheuern lassen. Seine Dokumentation "Inside Facebook. Secrets of the Social Network" wurde gerade auf Channel 4 ausgestrahlt: Und sie hat im angelsächsischen Raum für Schlagzeilen gesorgt.
Sonderregelung für große Seiten auf Facebook
Der Reporter hat zum Beispiel herausgefunden, wieso Facebook bei Gewalt und Rechtsextremismus öfter mal beide Augen zudrückt: Manchmal liege es daran, dass solche Inhalte so formuliert sind, dass sie die Gemeinschaftsstandards nicht verletzen, manchmal werden sie aber auch einfach auf Seiten gepostet, die "sehr viele Follower" haben.
Anscheinend gibt es für diese eine Art Sonderregelung, deckte der Reporter auf. Demnach können die Moderatoren des Löschteams (in diesem Fall beim Unternehmen "CPL Resources Plc." in Dublin angesiedelt) auf solchen großen Seiten nicht selbst löschen - die Fälle müssen an Facebook weitergeleitet werden. Zu solchen Seiten zählen zum Beispiel manche Medienunternehmen und auch die der rechtsradikalen Partei "Britain First" (die mittlerweile offline ist).
"Der Film zeigt eindrucksvoll, wie lax Facebook seine Löschpolitik handhabt."
Fragwürdig waren die Anweisungen der Trainer im Löschteam. Als Trainingsmaterial wurde den neuen Moderatoren zum Beispiel ein Cartoon von einem Mädchen gezeigt, dessen Kopf unter Wasser gedrückt wird, mit dem Untertitel "Wenn die erste Liebe deiner Tochter ein kleiner Negerjunge ist". So etwas sollte nicht gelöscht werden, hieß es beim Einführungstraining. Ein Mitarbeiter soll gesagt haben: Wenn zu viel gelöscht wird, verlieren die Leute das Interesse an der Plattform.
Facebook reagiert auf BBC-Doku
Facebook hat zugeben, dass der Reporter einiges rausgefunden hat, was gegen die eigenen Regeln verstößt. Das Netzwerk hat gegenüber der BBC zugesichert, diese Sachverhalte zu untersuchen. Es verwehrte sich allerdings gegen den Vorwurf, dass man problematische Inhalte dulde, um den Umsatz zu steigern.
Dem wiederum widerspricht der frühere Facebook-Investor Roger McNamee. In der BBC-Doku sagt er, gerade "extremistische Inhalte" seien "sehr profitabel". Denn gerade diese würden enorm aktive Nutzer anziehen.
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