Vom Christentum zum Buddhismus wechseln, vom Judentum zum Islam - kein Problem. Konvertierung geht aber auch anders: Vom friedlichen Bürger zum Radikalen, der im Namen einer Ideologie Gewalt ausübt. Ein nicht erwünschter, aber erklärbarer Wandel.
Warum vor allem junge Menschen zum Radikalen werden, beschäftigt den Psychologen und Autor Ahmad Mansour schon lange. Er hat mehrere Antwortansätze:
- Es geht um den Glauben, aber vor allem um soziologische und psychologische Aspekte.
- Manche junge Männer und Frauen sind auf der Suche nach einer Vaterfigur. Sie finden sie bei einem Gott oder einer führenden Person, die ihnen sagt, wo es lang geht und was sie zu tun haben.
- Keine Aufgabe zu haben, kann eine Motivation sein, sich zu radikalisieren. In einer Terror- oder anderen Organisation haben die Mitglieder festgelegte Aufgaben. "Das Gefühl, gebraucht zu werden, ist für viele sehr wichtig", sagt Mansour.
- Vor allem bei Frauen gibt es den Prozess, dass sie ihrem schon radikalisierten Mann aus Liebe folgen.
- Die globale Welt überfordert manche Menschen. In einer einer Ideologie folgenden Organisation sind nicht mehr viele Entscheidungen notwendig. Der Plan ist klar.
Mansour sagt, die Forschung zeige, dass es mehr oder weniger der Zufall bestimmt, an welche radikale Organisation jemand gerät, wenn er dafür empfänglich ist. Das können Rechts- und Linksradikale sein genauso wie eine islamistisch geprägte Gruppe.
Anzeichen schwierig zu deuten
Konvertierung - hier: Radikalisierung - frühzeitig zu erkennen, ist schwierig, sagt Mansour. So würden etwa manche muslimische Eltern es erstmal begrüßen, wenn der Sohn regelmäßig betet, in die Moschee geht und sich strikt an die Regeln des Islams hält. Findet dann eine Radikalisierung statt, ist die Verhaltensänderung im Nachhinein zu erklären. Während des Prozesses ist sie schwierig zu erkennen.
Die Konvertierung vom Radikalen zum friedlichen Bürger gibt es auch. Das wird dann aber eher als Ausstieg bezeichnet.
(Foto zu diesem Beitrag: Denis Cuspert, ehemaliger deutscher Rapper mit dem Künstlernamen "Deso Dogg". Seit 2010 tritt er als radikaler dschihadistischer Salafist in Erscheinung.)