Die Zahl der Radunfälle, an denen keine anderen Verkehrsteilnehmenden beteiligt waren, hat zugenommen. Gründe sind unter anderem eine marode Infrastruktur und mehr E-Bikes auf den Straßen.
Im Jahr 2023 ging jeder dritte getötete und knapp jeder zweite schwerverletzte Radfahrende auf einen sogenannten Alleinunfall zurück. Das ist das Ergebnis einer Studie des Gesamtverbands Deutscher Versicherer. Gemeint sind damit Unfälle, die ohne Beteiligung weiterer Verkehrsteilnehmer*innen passieren – zum Beispiel Autofahrende, andere Radfahrende oder Fußgänger*innen.
Erhöhtes Sturzrisiko durch Witterungsbedingungen
Kirstin Zeidler ist Leiterin der Unfallforschung der Versicherer. Dass sich die Zahl selbstverschuldeter Unfälle in den zurückliegenden 15 Jahren mehr als verdoppelt hat, liege etwa an der nicht-radfreundlichen Infrastruktur in deutschen Städten oder an der veränderten Nutzung. Beispielsweise fahren inzwischen viele Menschen mit E-Bikes (Pedelecs). Und die sind schneller und haben mehr Gewicht.
Die E-Bikes erleichtern einerseits das Fahren und ermöglichen es, mehr Menschen mit dem Rad unterwegs zu sein, zum Beispiel auch ältere Personen. Die Fahrweise auf Pedelecs trage aber auch dazu bei, dass Radfahrer*innen schneller die Kontrolle verlieren.
"Grund für die steigende Zahl von Alleinfällen sind Infrastruktur – es gibt in Deutschland keine stolperfreien Radwege –, das Alter der Radler und Trends wie Pedelecs."
Kirstin Zeidler erklärt, dass sich die Gegebenheiten auf den Straßen verbessern ließen. Schon kleine Bordsteinkanten stellen ein erhöhtes Sturzrisiko dar, sagt die Leiterin der Unfallforschung der Versicherer. Wenn ein Radfahrer ausweichen muss, reichen bereits kleine Unebenheiten für einen Sturz. Die Witterungsbedingungen im Herbst und Winter tragen auch zu erhöhten Alleinunfällen bei.
Stolperfallen im Straßenverkehr
Kirstin Zeidler sagt: "Die Befragung zeigte, dass es im Winter die meisten Alleinunfälle gibt." Als ein weiteres Unfallrisiko nennen die Studienteilnehmenden Straßenbahnschienen. Kirstin Zeidler appelliert an Radfahrende in den dunklen Jahreszeiten umsichtig zu fahren. Allerdings nimmt sie auch die Politik in die Pflicht.
"Zuerst sind die Kommunen gefordert. Sie haben für gute und sichere Radwege zu sorgen. Im Winter sollten sie Laub und Schnee beseitigen."
Damit Radfahrende gut und sicher unterwegs sind, müssten Kommunen die Wege aber nicht nur räumen, sondern auch Stolperfallen beseitigen. Die Bordsteine sollten "auf null abgesenkt werden, sagen wir", so Kirstin Zeidler. Es bräuchte mehr Platz für alle Verkehrsteilnehmenden.
Die Leiterin der Unfallforschung der Versicherer erklärt es an dem Beispiel Bahnschienen: "Wenn in einer Straße eine Bahnlinie verläuft, sollten die Planer*innen überlegen, ob noch Platz für einen Fahrradweg wäre", sagt sie. In einer Straße mit Bahngleisen sollten parkende Autos einem Radweg weichen.
Eigenes Fahrverhalten anpassen
Die Mehrheit der Befragten räumte an, dass ihr eigenes Verhalten zum Unfall beitrug. Kirstin Zeidler rät, auf dem Fahrrad vorausschauend und defensiv zu fahren. Dazu gehört, dass Fahrradfahrende nicht zu abrupt und stark bremsen sollten. "Natürlich solltest du bremsen, wenn es nötig ist. Aber starkes Bremsen trägt bei hoher Geschwindigkeit zu einem Sturz bei", sagt Kirstin Zeidler.
Sie empfiehlt darüber hinaus, ein Fahrtraining zu absolvieren. Das gilt vor allem für Pedelec-Nutzende, denn es sei in der Handhabung anders als ein Rad ohne elektrische Fahrunterstützung.