Herr K. lebt seit 35 Jahren in einem Wasserschloss in Franken. Seitdem hat er weder Steuern noch Gebühren gezahlt. Wie das geht? Er legt Widerspruch ein und beschwert sich: Der Rechtsstaat macht es möglich. Ein kämpferischer Bürgermeister setzt sich zur Wehr.
Herr K. ist fast 87 Jahre alt. Seit 1977 lebt er mit seiner Familie auf dem Wasserschloss Syburg. Ein Jahr später schickte er den ersten Beschwerdebrief. Er wähnte sich in einem Seuchengebiet. Die Begründung: Ein kleiner Graben führt das gereinigte Wasser aus der Kläranlage direkt am Schlossweiher vorbei. Herr K. sagt, dieses Wasser sei mit Giften verseucht. Das sei, so Herr K., auch der Grund dafür, dass die Bausubstanz des Schlosses immer schlechter werde.
Klagen gegen alle und jeden
Deswegen weigert sich Herr K., Grundsteuer zu bezahlen, Müllgebühren zu entrichten und die Gerichtskosten zu begleichen, die über die Jahre angefallen sind. An die 100.000 Euro offene Forderungen bestehen allein bei der Gemeinde, beim Landkreis und bei den Gerichten.
Dass die Gemeinde einen Einleitungsbescheid für das Abwasser der Kläranlage hat, lässt Herr K. nicht gelten. Er nimmt an, dass sein Grundstück aufgrund von äußeren Einflüssen vergiftet wird. Darum klagt Herr K gegen alles und jeden:
- den Landkreis, der zuständig ist für die Kreisstraße, die am Schloss vorbeiführt und damit für die Schwermetalle aus dem Verkehr, die Familie K. angeblich belasten
- einen Verein, der ganz in der Nähe eine Tontauben-Schießanlage betrieben hat: Und deren Munition hätte angeblich eine Bleivergiftung bei der Familie von Herrn K. auslösen können. Die Anlage ist inzwischen außer Betrieb
- die gesamte EU, weil der Landkreis Weißenburg seit dem Jahr 1978 illegal gefährliche Stoffe in dem zum Schloss gehördenden Feuerlöschweiher einleite und damit gegen EU-Recht verstoße
Kontrahent von Herrn K. ist Werner Röttenbacher, Bürgermeister der Gemeinde Bergen. Die Gemeinde Bergen hat 1082 Einwohner, vier Kirchen und eben das besagte Schloss im Ortsteil Syburg.
"Ich würde sagen, dass ich es mit einem Querulanten zu tun habe, der versucht, Kapital daraus zu schlagen, aus der Angelegenheit."
Herr K. geht noch weiter: Er fordert Geld von der Bundesrepublik Deutschland. Für Mineralwasser. Das Wasserschloss hat keinen Wasseranschluss, dafür aber einen Schlossbrunnen. Den kann Herr K. aber wegen der angeblich eingeleiteten Gifte nicht benutzen. Darum trinken Herr K. und seine Familie Mineralwasser und waschen sich auch damit. Kostenpunkt: 143 Euro im Monat - und das seit 1982. Laut Bürgermeister Röttenbacher verlangt Herr K. rund 200.000 Euro allein für das Mineralwasser.
"Immer wenn ein Gebührenbescheid von unserer Seite rausgeht, dann schickt der die Gegenrechnung."
Herr K. spielt auf Zeit
Die Auseinandersetzung mit dem Schlossherrn von Syburg füllt viele Ordner im Rathaus bei Werner Röttenbacher. Zusätzlich beschäftigt sich eine Rechtsanwältin mit Herrn K. und seinen Beschwerden. Zusammen mit Bürgermeister Röttenbacher plant sie eine Zwangsvollstreckung: Aufgrund der offenen Forderungen an Familie K. soll das Wasserschloss versteigert werden. Der Erlös würde die Schulden ausgleichen und Familie K. müsste ausziehen.
Ob das klappt, ist ungewiss, denn Herr K. beschwert sich schon wieder. Bislang wurden seine Einwände als unbegründet zurückgewiesen. Aber das hat gedauert, denn die wichtigste Waffe von Herrn K. ist Zeit.
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