Die Türken haben aus ihrer Geschichte gelernt. Aus diesem Grund gingen nicht nur Erdogan-Befürworter sondern auch seine Gegner gegen die Putschisten auf die Straße - meint Luise Sammann.
Die Lage in Istanbul hat sich am Samstag-Nachmittag (16.7.2016) wieder beruhigt. Von der Panik der Nacht sei im Moment nichts mehr übrig, sagt Luise Sammann. Die Nachrichten in der Türkei verbreiten flächendeckend die Botschaft, dass die Regierung die Lage unter Kontrolle habe. Alles ist im Lot. Und aus Sicht des türkischen Präsidenten Erdogan ist tatsächlich alles im Lot. Denn er geht gestärkt aus dem gescheiterten Putsch hervor. Er kann nun, wie angekündigt, eine härtere Linie fahren.
"Schon jetzt können Regierungskritiker kaum den Mund aufmachen, ohne wegen Präsidentenbeleidigung oder Terrorpropaganda vor Gericht zu landen."
Theorien und Gerüchte
Doch wer steckt hinter dem Putsch? Dazu gibt es mehrere Theorien. "Erdogan hat ja ganz schnell auf die Fethullah Gülen Bewegung gezeigt", sagt Luise. Der Prediger im amerikanischen Exil ist einer der Erzfeinde Erdogans. "Er wird sehr schnell für alles verantwortlich gemacht, was schief läuft. Deswegen muss man das mit sehr viel Vorsicht genießen", meint Luise.
Gülen selbst bestreitet außerdem, dass seine Anhänger für den Putschversuch in der Türkei verantwortlich sind. In einer Erklärung verurteilt er den Umsturzversuch und sagte, er bete dafür, dass sich die Lage in der Türkei beruhige, wie unsere Nachrichten berichten.
Eine andere Theorie: Die alten, säkularen Eliten des Militärs stecken hinter dem Putsch. Und - ein Gerücht das sich unter den Erdogan-Gegnern immer weiter verbreitet: Erdogan selbst stecke dahinter. Denn schließlich profitiert er ja von der Situation.
Besser Erdogan als das Militär
In einem aber sind sich alle Türken einig, meint Luise: Ein Militärputsch ist in keinem Fall die bessere Wahl. Ein Militärputsch wird nämlich niemals eine Demokratie stärken - diese Lehre haben die Türken aus der Geschichte der Militärputsche gezogen. Selbst Erdogans Gegner sehen das so, meint Luise. Sie sagen: "Wir sind definitiv gegen Erdogan, aber lieber Erdogan als eine Militärregierung."