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Mit dem Ende des Lockdowns haben die Probleme für die Psyche erst richtig angefangen, sagt die Psychologin Tatjana Schnell. Sie weiß auch, welche Merkmale als Puffer wirken.

Zu den psychischen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie sind schon eine Reihe von Ergebnissen veröffentlicht worden. Tatjana Schnell vom Institut für Psychologie der Universität Innsbruck hat bereits im Frühjahr gemeinsam mit ihrem Kollegen Henning Krampe von der Charité Berlin eine umfassende quantitative Studie begonnen.

Erste Ergebnisse sind Ende September unter dem Titel "Meaning in Life and Self-Control Buffer Stress in Times of COVID-19" in der Fachzeitschrift Frontiers in Psychiatry veröffentlicht worden.

Befragung während der Pandemie

Vom 10.04.2020 bis zum 28.05.2020 sind dafür insgesamt 1538 deutschsprachige Personen vor allem aus Österreich und Deutschland mit einem Online-Fragebogen befragt worden. Im Mittelpunkt des Interesses standen ihre Lebensbedingungen, ihre Wahrnehmung der Pandemie-Situation und Merkmale der seelischen Gesundheit.

"Dann kam der Ausstieg aus dem Lockdown. Da haben wir hohe Werte für Kernsymptome von Depressivität und Ängstlichkeit gesehen."

Demnach haben Depressivität und Ängstlichkeit nachweisbar zugenommen, erstaunlicherweise besonders deutlich nach den ersten Lockerungen der Kontaktbeschränkungen. Die Psychologin sagt: "Wir haben diesen relativ deutlichen Cut zwischen Lockdown und Nach-Lockdown." Über die Ursachen könne sie nur spekulieren, aber nach dem Lockdown sei die Informationslage weniger eindeutig gewesen, teilweise seien bereits zu diesen Zeitpunkt die zuvor einheitlichen Maßnahmen von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich gewesen.

"Das war viel trial and error. Es gab Versuche, es gab teilweise widersprüchliche Informationen. An einem Tag hieß es so, am andern anders."

Vier Erfahrungen sind ihrer Ansicht nach für die psychische Situation in der Pandemie und auch nach dem Lockdown von zentraler Bedeutung:

  1. Konsequenz: Das, was wir tun, hat eine Bedeutung. Wenn es keine Konsequenzen hat, ist eigentlich egal, ob ich handele.
  2. Kohärenz: Das, was ich tue, erlebe ich als stimmig. Das passt für mich zusammen.
  3. Orientierung: Ich weiß, in welche Richtung es geht. Warum ich das tue.
  4. Zugehörigkeit: Ich tue das nicht alleine. Es gibt ein größeres Ganzes, zu dem mein Verhalten und ich dazugehören und wofür ich auch in gewisser Weise verantwortlich bin.

Die psychologischen Merkmale Lebenssinn und Selbstkontrolle wirken als Stresspuffer. Sie schützen vor Depressivität und Ängstlichkeit. Tatjana Schnell definiert: "Lebenssinn ist so etwas wie ein fester Boden unter den Füßen, dass ich für mich geklärt habe: Ich möchte gerne leben."

Lebenssinn und Selbstkontrolle als Puffer

Der zweite wichtige Stresspuffer ist für sie der folgende: "Selbstkontrolle ist ein wichtiges psychologisches Merkmal, das grob gesagt bedeutet: Ich schaffe es, meine Bedürfnisse und Impulse so im Zaum zu halten, dass ich mich an die Situation gut anpassen kann."

Wer selbst Hilfe braucht, kann sich telefonisch oder online bei der Telefonseelsorge melden. Unter den kostenlosen Hotlines 0800-111 0 111 und 0800-111 0 222 könnt ihr euch anonym und vertraulich beraten lassen.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Psyche und Covid-19
Psychologin: "Hohe Werte für Depressivität und Ängstlichkeit"
vom 23. Oktober 2020
Moderatorin: 
Sonja Meschkat
Gepsärchpartnerin: 
Tatjana Schnell, Institut für Psychologie der Universität Innsbruck