Über andere lästern, aber trotzdem nicht als Tratschtante dastehen: Das können Frauen offenbar besonders gut, haben Psycholog*innen herausgefunden. Im Gegenteil: Die Lästernden sind sympathisch – und mit ihrem Gossip dennoch erfolgreich.

"Hast du schon gehört?" – So beginnen gerne mal Lästereien unter Freund*innen. Hinter dem Klischee der Lästerschwester oder der Tratschtante steckt tatsächlich eine Wahrheit: Denn Frauen lästern häufiger als Männer, vor allem über andere Frauen.

Psycholog*innen aus den USA – sowohl Männer als auch Frauen – schreiben: Für Frauen ist Lästern ein Mittel indirekter Aggressivität, weil sie weniger direkte Aggressivität nutzen. Aber Frauen sind durchaus konfliktbereit, gerade im Wettbewerb mit anderen Frauen.

Tarnen Frauen ihre Lästereien?

Frauen sagen dabei häufiger, dass sie Opfer von Lästereien werden, als dass sie zugeben würden, selbst zu lästern. Denn wer als Lästerbacke oder Tratschtante bekannt ist, riskiert selbst seinen Ruf. Wie lässt sich dieser Widerspruch erklären? Glauben Frauen wirklich, dass sie selbst nicht lästern – oder tarnen sie ihr Lästern vielleicht nur? Wie gut funktioniert das? Und wie bewusst passiert das alles? Um das zu prüfen, hat das Psychologie-Team mehrere Experimente mit insgesamt rund 1700 Testpersonen durchgeführt.

Lästern oder nicht lästern

"Im ersten Experiment sollten jeweils rund 300 Männer und Frauen aus den USA an ihr letztes Gespräch denken, in dem sie negativ über jemanden gesprochen hatten, der oder die nicht dabei war", erklärt Britta Wagner von den Deutschlandfunk-Nova-Wissensnachrichten. Dann sollten sie beurteilen, ob es eine Lästerei war oder nicht. Dazu bekamen sie Fragen, um ihre Motivation einschätzen zu können:

Ob sie der Person schaden wollten? Ob sie besorgt über ihr Verhalten seien? Ob sie nur überprüfen wollten, ob sie mit der Sorge vielleicht gar nicht allein sind? Oder dass sie ja eigentlich nur eine Lösung für die Probleme finden wollten? "Das Ergebnis: Viele Frauen haben angegeben, sich zu sorgen – vor allem, wenn es um andere Frauen geht", erläutert Britta Wagner.

Negatives Lästern wird negativ bewertet

Ein anderes Experiment sollte dann überprüfen, ob andere ihnen die Sorge abnehmen oder nur als Tarnung sehen. Die Testpersonen wurden mit einem potenziellen Läster-Szenario unterschiedlicher Ausprägung konfrontiert. Eines war zum Beispiel: Anne erzählt, dass Lisa ständig ohne Kondom mit vielen Männern Sex hat. Dabei betont Anne entweder, dass sie sich Sorgen um Lisa macht. Oder dass sie sie für eine Schlampe hält. Oder sie bleibt neutral. Dann sollten die Testpersonen jeweils Tratschtante und Tratschopfer sozial bewerten.

Ein bewusster oder unbewusster Trick?

Heraus kam: "Besorgtes Lästern" ist gut für das soziale Standing der Tratschtante. Sie gilt dann als sympathisch, vertrauenswürdig und in romantisch-sexueller Hinsicht auch als interessante Partnerin. Negatives Lästern bewerten dagegen vor allem andere Frauen als sehr negativ. Die Tratschopfer haben einen Schaden – selbst wenn der durch besorgtes Lästern etwas geringer ausfällt.

Bleibt die Frage, ob die Sorge ein unbewusster oder bewusster Trick ist, um besser dazustehen: Die Forschenden schreiben, das könne durchaus unbewusst ablaufen. Doch trotz der gar nicht soooo bösen Absicht: Lästern schadet den Opfern.

"Möglicherweise lästern Frauen ihre Kolleginnen oder Chefinnen aus der Beförderungsleiter raus und tun damit der Gleichberechtigung keinen Gefallen."
Britta Wagner, Deutschlandfunk-Nova-Wissensnachrichten

Das Fazit der Studie lautet: Es ist gut, wenn sich Frauen und Mädchen diese Zusammenhänge klar machen. Das könne nämlich zum Beispiel vielleicht Mädelsfreundschaften retten. Es könnte aber auch in der Wirtschaft helfen, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen. Britta Wagner erklärt: "Möglicherweise lästern Frauen ihre Kolleginnen oder Chefinnen aus der Beförderungsleiter raus und tun damit der Gleichberechtigung keinen Gefallen."

Shownotes
Psychologie
Nett verpackter Gossip macht sympathisch
vom 05. November 2024
Moderation: 
Dominik Schottner
Gesprächspartnerin: 
Britta Wagner, Deutschlandfunk-Nova-Wissensnachrichten