Noch immer arbeiten Menschen im Homeoffice, die das vor der Corona-Krise nicht gemacht haben. Gerade sie haben es schwer, Arbeit und Privates zu trennen. Denn der Weg zu und von der Arbeit fehlt ihnen.
Das Pendeln zur Arbeit ist ein Übergangsritual, das uns hilft, vom Zuhause in den Job zu kommen, sagt die Wirtschaftspsychologin Petra Jagow.
"Das ist wie ein Probelauf: Wenn man den Weg zur Arbeit geschafft hat, dann kann man auch den Arbeitstag bewältigen."
Übergänge sind für uns seelisch immer schwierig, sagt die Psychologin. Dabei geht es nicht nur um den Übergang vom Zuhause zur Arbeit, sondern auch andersherum. Denn nach der Arbeit wollen wir diese gerne hinter uns lassen. Dabei hilft der Weg von der Arbeit nach Hause.
Den eigenen "Arbeitsweg" kreieren
Menschen, die schon immer im Homeoffice arbeiten, haben damit weniger ein Problem, meint Petra Jagow, weil sie gelernt haben, mit der Situation umzugehen. Für die Menschen, die sich aber von einem Tag auf den anderen auf die Heimarbeit umstellen mussten, war das mit Schwierigkeiten verbunden. Da musste erst die richtige Arbeitsatmosphäre geschaffen werden, womöglich überhaupt erst die Voraussetzungen für den Heimarbeitsplatz.
Für die Menschen, die sich immer noch nicht ans Homeoffice gewöhnen konnten, rät die Psychologin, sich zu Hause "einen Weg einzurichten". Das könnte beispielsweise durch eine Art Übergangshelfer geschehen – zum Beispiel:
- besondere Kleidung anziehen
- vor der Arbeit noch einmal um den Block laufen
- in der Pause oder nach der Arbeit einkaufen gehen
"Der Weg gibt mir die Gelegenheit zu gucken, wie mein Tag war, damit abzuschließen und mich auf meinen privaten Feierabend zu freuen."
Dieser "Weg" kann uns dabei helfen, im Homeoffice die Arbeit von der privaten Zeit zu trennen. Ganz wichtig sei, in diesen Übergangsphasen wirklich nicht zu arbeiten, weil gerade in diesem Leerlauf auch neue Ideen oder Lösungen aufkommen könnten.
Selbstausbeutung hat zugenommen
Tatsächlich fällt es einigen Menschen schwer zu Hause beide Bereiche zu trennen, weiß Petra Jagow aus ihrer Beratung. Sie würden zum Beispiel trotz Feierabend noch mal den Computer anschalten, um noch schnell auf Mails zu reagieren.
"Diese Neigung, noch mal reinzugucken in den Rechner, hat zugenommen."
Die Wirtschaftspsychologin hält es für sehr wichtig, dass wir mit unseren Vorgesetzten klare Vereinbarungen darüber haben, wie lange wir erreichbar sind, wann wir Ergebnisse liefern und wann wir Freizeit haben. "Man muss die Arbeit aktiv begrenzen", sagt Petra Jagow.
Wenn die Arbeit den Rückzugsraum gefährdet
Diese Abgrenzung sei auch deshalb wichtig, weil die Arbeit auch immer etwas mit Angriffen und Unannehmlichkeiten zu tun habe, während das Zuhause die sichere Rückzugshöhle sei. Im Homeoffice dringe diese Arbeitsgefahr in unseren Sicherheitsbereich ein. "Deshalb ist es wichtig, sich Regeln aufzubauen, um sich etwas Sicherheit zu geben", sagt die Psychologin.
Petra Jagow arbeitet selbst als Freiberuflerin von zu Hause, hat aber den Wohn- und Arbeitsbereich räumlich so getrennt, dass sie gut abschalten kann.