Bulimie, posttraumatische Belastungsstörungen, paranoide Schizophrenie oder Zwangsneurosen: Die Faszination, die Menschen mit psychischen Störungen in Film und Fernsehen bei uns auslösen, nimmt weiter zu. Schauspieler studieren Drehbücher und aktuelle medizinische Erkenntnisse minuziös, um sich möglichst glaubwürdig etwa in die Rolle eines Schizophrenen zu versetzen.
Krimi-Kommissare sind heute alkoholkrank oder traumatisiert, zumindest beziehungsgestört oder mit irgendeiner Leiche im Keller. Trotzdem lösen sie jeden noch so schwierigen Fall meisterhaft. Auch die Täter sind kaputte Typen mit seelischen Wunden oder Psychosen. Realistisch? Völlig wurscht. Der Figur des Hannibal Lecter spricht der forensische Psychiater Samuel Leistedt jedenfalls jeglichen Bezug zur Realität ab.
Irrtümer ausräumen
Das Aktionsbündnis "Seelische Gesundheit" hat es sich zur Aufgabe gemacht, ein wenig mehr Realitätsnähe ins Kino zu bringen. Dem Berliner Aktionsbündnis gehören fast 80 Partner und zahlreiche Psychologen an. Ihr Ziel ist es, Drehbuchautoren bei der realistischen Darstellung von psychischen Erkrankungen zu unterstützen. Dafür hat das Bündnis am 24. April 2015 im Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum einen Workshop mit Drehbuchautoren veranstaltet.
Näher an der Wirklichkeit
Das Ziel: Verständnis wecken und ausarbeiten, wie Menschen mit psychischen Erkrankungen tatsächlich fühlen und denken. Krankheiten wie etwa die Schizophrenie sind hochkomplex und alles andere als bis hin die letzte hirnorganische Synapse hinein erforscht.
Kirsten Loose informiert über die Filmfigur Ben Hofer: "Eine bipolar erkrankte Serienfigur in der Lindenstraße". Kirsten Loose ist Producerin bei der Geißendörfer Film- und Fernsehproduktion in Köln, die den WDR-Serienklassiker "Lindenstraße" herstellt. Sie kümmert sich darum, das Krankheitsbild gestörter Persönlichkeiten ins richtige Licht zu rücken - in einem wahren Teufelskreis, der all dem zu Grunde liegt:
"...Aufenthalt in der Psychiatrie, Einstellung mit Medikamenten, Hadern mit den Medikamenten und dem Umgang damit..."
Martin Kolbe ist Gitarrist und Sänger. In den audiovisuellen Medien war der Künstler vor Jahren ein beliebter und vielgespielter Gast, doch dann gewannen Depressionen die Überhand in seinem Leben: "Songs from the Inside – das Leiden und die Recoverygeschichte eines bipolar erkrankten Musikers".
"Recovery heißt, man kommt zurück in seine alten Fähigkeiten, in sein altes Leben"
Gudrun Schliebener ist Mutter einer erkrankten Tochter und infolge dessen Vorsitzende des Bundesverbandes der Angehörigen psychisch Kranker. Sie erzählt über "Mit Leid - Erfahrungen aus der Sicht der Angehörigen".
"Die Familien müssen sich auf das Unverständnis des Umfeldes einstellen"
Psychische Krankheiten: Kaputte Helden I (Der Hörsaal vom 08.08.15)