Wann ist es beim Dating Zeit, über die eigene psychische Erkrankung zu sprechen? Was tun, wenn Freunde die Krankheit nicht anerkennen? Schweigen geht immer. Ideal ist es nicht, sagt Psychologe Bastian Willenborg.
Zwei Menschen daten. Sie lernen sich kennen. Bei einer der beiden Personen liegt eine psychische Erkrankung vor. Wann sollte der oder die Betroffen das ansprechen? Im Extremfall nie, findet der Psychologe Bastian Willenborg.
Er selbst behandelt Patientinnen und Patienten in festen Partnerschaften, auch Verheiratete, deren jeweilige Partner nichts von der psychischen Erkrankung ihres Gegenübers wissen. "Das ist nicht günstig. Aber trotzdem ist es die individuelle Entscheidung der einzelnen Menschen", sagt Bastian Willenborg zu dieser
Konstellation.
"Wenn es irgendwann was Festeres ist, macht es vielleicht Sinn, zu sagen: Ich habe eine psychische Erkrankungen oder ich hatte mal eine."
Grundsätzlich zeige die Frage eine unnötige Unterscheidung zwischen körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen. Die Frage, ob beim ersten Date anlasslos über die eigene Diabetes oder Bluthochdrucksymptome gesprochen werden sollte, stelle sich ja auch niemand.
Offenheit beim Dating – ja oder nein?
Prinzipiell aber gehört für Bastian Willenborg das Offenlegen einer psychischen Erkrankung in festen Partnerschaften und engen Beziehungen dazu. Zwingend findet er diese Offenheit beim Dating und dem Kennenlernprozess allgemein allerdings nicht.
"Wenn man merkt: Da ist mir jemand wichtig. Dann finde ich, darf man ein bisschen tiefer gehen und sagen: Ich habe vielleicht eine psychische Erkrankung."
Ein daran anschließendes soziales Szenario ist dieses: Freundinnen oder Freunde erkennen eine psychische Erkrankung als solche grundsätzlich nicht an. Das kann leicht das Ende der Freundschaft bedeuten, sagt Bastian Willenborg – jedenfalls bei wirklich engen Freundschaften. Zu einer solchen gehört für ihn, dass man sich vertrauensvoll öffnen kann.

"Wenn ein Freund eine psychische Erkrankung nicht anerkennt, ist die Freundschaft irgendwie durch."
Er empfiehlt Betroffenen, relativ klar zu formulieren, dass man diese fehlende Anerkennung der psychischen Erkrankung ungerecht findet. Aufklärungswilligen lasse sich zum Thema Depressionen das Buch "Mein schwarzer Hund" empfehlen oder ein Online-Erste-Hilfe-Kurs für psychische Erkrankungen.
Wer nur ganz wenige soziale Beziehungen hat und vor der Frage steht, eine Freundschaft wegen Nicht-Anerkennung der psychischen Erkrankung zu beenden, sollte so eine Entscheidung nicht alleine treffen, sondern sich das mit therapeutischen Unterstützung anschauen, empfiehlt Bastian Willenborg.
Hilfe und Rat findet ihr hier:
Für Angehörige von an Depression erkrankten Menschen gibt es Informationen auf dem Portal Deutsche Depressionshilfe. Dort findet ihr auch die Hotline 0800-33 44 533 und einen Online-Ratgeber. Wer selbst Hilfe braucht, kann sich telefonisch oder online bei der Telefonseelsorge melden. Unter den kostenlosen Hotlines 0800-111 0 111 und 0800-111 0 222 könnt ihr euch anonym und vertraulich beraten lassen.