Die Proteste in Belarus gehen weiter. Mit dabei ist der Dirigent Vitali Alekseenok. Sonst lebt und arbeitet der 29-Jährige in Deutschland. Er erzählt von den spontanen und friedlichen Demos, aber auch von den Ängsten.
Normalerweise ist Vitali Alekseenok in Weimar oder München anzutreffen. Doch zurzeit setzt der Dirigent für einen Monat von seinem Job aus: Der 29-Jährige wollte bei der Präsidentschaftswahl am 9. August in seiner Heimat Belarus dabei sein. Nach der Wahl lauteten die offiziellem Ergebnisse, dass 80 Prozent für die Wiederwahl von Alexander Lukaschenko gestimmt hätten. Die Opposition warf der Regierung Wahlbetrug vor, auch westliche Regierungen trugen die Vorwürfe mit. Seitdem protestieren täglich Tausende in Belarus für ihre Freiheit. Auch Vitali Alekseenok.
Proteste in Belarus: spontan, friedlich, ohne Anführer
"Wir haben keine Anführer bei den Protesten", sagt Vitali Alekseenok. Denn jene, die die Demonstrationen anführen könnten, sitzen im Gefängnis. Man organisiere sich selbst. Deshalb sei jeder und jede gefragt.
"Alles hängt jetzt von uns ab. Von jeder einzelnen Person. Deshalb sind die Proteste manchmal auch so spontan."
Deshalb verliefen die Proteste teils auch sehr spontan. Man organisiere sich zum Beispiel über Telegram oder auch Facebook. Manchmal gibt es eine feste Uhrzeit und einen Treffpunkt, auch schon eine Route für den Protestmarsch. Aber manchmal treffe man sich auch einfach an einer U-Bahnstation und entscheide dann, wie es weitergeht, so der 29-Jährige.
Aber ganz egal, wie man sich organisiere, Vitali Alekseenok ist davon überzeugt, dass die Proteste etwas verändern und auch schon verändert haben. Eine Protestwelle, wie sie zurzeit das Land ergreife, habe es im modernen Belarus noch nie gegeben, so der Dirigent.
"Nie in der modernen Geschichte von Belarus hatten wir solch eine Protestwelle."
Außerdem sei es gelungen, ganz unterschiedliche Menschen an Bord zu holen. Zuletzt schlossen sich auch Arbeiter und Arbeiterinnen den Protesten an. Außerdem würden nicht nur in der Hauptstadt Minsk Menschen auf die Straße gehen, sondern auch in anderen Städten sowie in den Dörfern. "In ganz Belarus", sagt Vitali Alekseenok.
"Wir haben das ganze Volk aufgeweckt."
Es sei gelungen, das Volk aufzuwecken, so Vitali Alekseenok. Und: "Ich persönlich glaube, es gibt kein Zurück mehr." Auch wenn die Proteste zurzeit von den Sicherheitskräften unterdrückt würden. Deshalb hätte die Menschen natürlich auch Angst um ihr Leben. Über 100 Menschen seien verschwunden, so Vitali Alekseenok. "Wir wissen nicht, was mit ihnen passiert ist."
"Natürlich haben wir auch Angst. Keiner will ermordet werden."
Vitali Alekseenok ist sich der Gefahr bewusst, wenn er auf die Straße geht, um gegen das System Lukaschenko zu protestieren.
Deshalb sei es auch wichtig, dass die Demonstrationen so friedlich bleiben wie bislang. Die Leute würden die Schuhe ausziehen, bevor sie bei einer Demonstration auf Bänke stiegen. Eine rote Ampel hieße auch für Demonstranten und Demonstrantinnen, dass sie stehen bleiben, so der Dirigent.
"Und unsere Stärke ist: Wir sind sehr viele", sagt Vitali Alekseenok.
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