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Wer die x-te Klimaschutz-Demo hinter sich und das Gefühl hat, bringt alles nichts, fragt sich vielleicht, welche Protestform es noch gibt. Ziviler Ungehorsam bewegt sich legal im demokratischen Rahmen und kann sie sogar beleben, meint Medienwissenschaftlerin Theresa Züger.

Im Herbst 2018 hat die Protestbewegung "Ende Gelände" mit ihren Aktionen rund um den Hambacher Tagebau auf sich und das Thema Braunkohleabbau aufmerksam gemacht. Dabei haben sie zum Beispiel Eisenbahngleise oder Schaufelradbagger besetzt. Mit solchen Aktionen des zivilen Ungehorsams geraten die Teilnehmer von "Ende Gelände" in Konflikt mit dem Gesetz.

Ziel zivilen Ungehorsams: Gesetze und politische Maßnahmen verändern

Beim zivilen Ungehorsam kommt es auf die Grundlage dieses absichtlichen Handelns an, erklärt Theresa Züger vom Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft. Die Gruppe will durch ihr Protesthandeln ein gemeinschaftliches Interesse vertreten. Ziel des zivilen Ungehorsams ist, Gesetze und politische Maßnahmen zu verändern. Also Ausstieg aus der Braunkohle oder Erklärung des Klimanotstands wie es die Aktivisten von "Extinction Rebellion" fordern.

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"Extinction Rebellion" hat ihren Ursprung in Großbritannien. Inzwischen haben sich in ganz Europa Menschen der Protestbewegung angeschlossen. Hannah Elshorst ist 22 Jahre alt und seit Ende November bei "Extinction Rebellion".

"Wir wollen durch Aktionen des friedlichen zivilen Ungehorsams etwas erreichen, indem wir die Aufmerksamkeit der Leute in ihrem Alltag auf das Problem lenken und gleichzeitig Druck ausüben."
Hannah Elshorst, Sprecherin von "Extinction Rebellion" in Deutschland

Kritiker des zivilen Ungehorsams pochen auf die Einhaltung von Gesetzen. Aber Theresa Züger hält dem entgegen, dass ziviler Ungehorsam eine legitime Intervention sein kann. Denn gesetzestreuer Bürger oder gesetzestreue Bürgerin zu sein, bedeutet nicht, dass alle stillen Konsens leisten und mit jedem Gesetz einverstanden sind. Zumindest kann man das nicht voraussetzen, sagt die Philosophin Hanna Arendt. Und aus der deutschen Geschichte wissen wir, dass das auch gut ist.

"Wenn man sich die historischen Beispiele des zivilen Ungehorsams anguckt, kann man erstmal festhalten, dass er große Erfolge für die Demokratien verbuchen konnte und für mehr Gerechtigkeit in den Gesellschaften gesorgt hat."
Theresa Züger vom Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft

Martin Luther King, Anführer der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, unterschied zum Beispiel zwischen gerechten und ungerechten Gesetzen. Die gesetzlich festgeschriebene Rassentrennung – ungerecht.

"I think we all have a moral obligation to obey just laws and to disobey unjust laws, because noncooporation with evil is as much a moral obligation as is cooperation with good."
Martin Luther King, amerikanischer Bürgerrechtler

Die amerikanische Bürgerrechtsbewegung hat also durch ihren zivilen Ungehorsam dafür gesorgt, dass Gesetze geändert und die Diskriminierungen aufgrund von Hautfarbe verboten wurden. Ziviler Ungehorsam kann demnach wichtige gesellschaftliche Transformationen anstoßen, meint Theresa Züger.

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Aktivisten, die sich für den zivilen Ungehorsam entscheiden, müssen aber auch mit Sanktionen rechnen. Sie sollten sich vorab sehr genau überlegen, wie weit sie gehen wollen.

"Natürlich haben wir Angst. Wir sind ganz normale Menschen und viele von uns waren davor nie politisch aktiv, aber wir denken halt: Ok, es muss was gemacht werden. Uns läuft die Zeit davon."
Hannah Elshorst, Sprecherin von "Extinction Rebellion" in Deutschland

Leider bringen Gruppierungen aus der rechten Szene den Begriff "ziviler Ungehorsam" in Verruf, weil sie die Protestform auch für sich reklamieren. Allerdings gibt es eine entscheidende Abgrenzung zwischen zivilem Ungehorsam und Randale: Ziviler Ungehorsam ist inklusiv, will möglichst alle Bürger in den Dialog miteinbeziehen. Denn es geht darum, die Demokratie zu stärken.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Medienwissenschaftlerin über Protest
"Ziviler Ungehorsam gehört zur Demokratie"
vom 18. April 2019
Moderatorin: 
Sonja Meschkat
Autorin: 
Rebekka Endler, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin