Die Gruppierung "Widerstand 2020" hat nach eigenen Angaben über 100.000 Mitglieder. Sie wäre damit quasi über Nacht die viertgrößte Partei Deutschlands. Willkommen sind alle, die die Beschränkungen in der aktuellen Coronakrise ablehnen.
Die Gruppierung "Widerstand 2020" sei ein diffuses Sammelbecken, sagt der Soziologe Matthias Quent vom Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft. Ihr gehören Verschwörungstheoretiker, Rechtspopulisten, linksesoterische Impfgegner, aber auch verunsicherte Bürger und Bürgerinnen an. Diese Mischung sei gefährlich.
Auf der Facebook-Seite der Protestgruppe ist dieser Kommentar einer derjenigen, die die meisten Likes bekommen haben:
"Die Frage ist ja wer greift da an? Die Regierung? Die Pharma? Die Bill und Melinda Gates was auch immer? (Link zum Kommentar)
"Bill und Melinda Gates" ist eine Anspielung darauf, dass die Gates-Stiftung die Impf-Entwicklung unterstützt. Wer will, kann darin aber auch eine Verschwörung sehen.
Ein anderer Kommentar: "Die Wahrheit wird ans Licht kommen und die Presse hat allen Grund Angst zu haben." (Link zum Kommentar)
Unterstützung bekommt "Widerstand 2020" auch von der rechtsextremen Identitären Bewegung Österreich. Ihr Sprecher, Martin Sellner, hat in einem Video dazu aufgerufen, die Gruppierung zu unterstützen. Auf der Website von Widerstand 2020 lesen sich die Positionen alles andere als rechtsextrem.
"Es gibt in dieser Partei jetzt schon Strömungen von rechts."
Die gemeinsame Agenda des Sammelbeckens "Widerstand 2020" ist die Kritik an der Einschränkung der Freiheitsrechte im Zuge des Ausbruchs des neuartigen Coronavirus. Aber es gehe um noch mehr, sagt Isabel Reifenrath aus dem ARD-Hauptstadtstudio.
Ähnlich wie bei der AfD wolle man sich gegen "die Medien" stellen, gegen das politische System und bei "Widerstand 2020" auch gezielt gegen das Robert-Koch-Institut. Dieser Protest soll basisdemokratisch sein: Jeder und jede soll auf der Webseite der Gruppe am Parteiprogramm mitschreiben dürfen.
"Im Prinzip kritisiert 'Widerstand 2020' die Einschränkungen der Freiheitsrechte. Aber es geht auch darum, sich gegen 'das System' zu stellen."
Einer der Gründer von "Widerstand 2020" ist der Hals-Nasen-Ohren-Arzt Bodo Schiffmann. Auf Youtube kritisiert er die Beschränkungen im Zuge der Coronapandemie von Mitte März. Die Kontaktbeschränkungen und Ausgangssperren in einzelnen Bundesländern seien zu diesem Zeitpunkt nicht mehr nötig gewesen.
Zum Gründungsteam gehören auch der Rechtsanwalt Ralf Ludwig aus Leipzig sowie Victoria Hamm, die sich um die Webseite von "Widerstand 2020" kümmert.
An der Zahl der Mitglieder gibt es Zweifel
Nach eigenen Angaben will "Widerstand 2020" bereits über 100.000 Mitglieder haben. Daran gibt es jedoch Zweifel. Zum Beispiel vom Parteienforscher Hendrik Träger von der Universität Leipzig. Noch nie habe es bei einer Partei eine solche Eintrittswelle gegeben. Außerdem sei nicht klar, ob "Widerstand 2020" tatsächlich eine Partei entsprechend des Parteiengesetzes sei. Denn dafür braucht es ein Programm. Aber an dem wird zurzeit vermutlich noch gemeinsam geschrieben.
"Mit ihren 100.000 Mitgliedern greift 'Widerstand 2020' ziemlich hoch."
Wie die Mitgliederzahlen zusammen kommen, sei merkwürdig, so Isabel Reifenrath. Als sie am 4. Mai die Webseite von "Widerstand 2020" besucht, wird ihr der Hinweis angezeigt, dass sie das 100.001 Mitglied sei - ohne der Partei offiziell beigetreten zu sein oder Mitgliedsbeitrag gezahlt zu haben.
Später war die Webseite offline. Als die Journalistin die Seite wieder aufrufen konnte, musste sie ihre Daten angeben und die Parteisatzung anerkennen. Wie die Partei Mitglieder definiert und zählt, bleibt erst einmal unklar.
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