Marie Merklinger nennt sich Überlebende der Prostitution. Das Gesetz zum Schutz von Prostituierten geht ihr nicht weit genug. Die Ex-Prostituierte kämpft heute gegen Sexarbeit. Sie ist Mitglied im Bündnis "Stop Sexkauf" und bei "Space International", einem Zusammenschluss von ausgestiegenen Prostituierten.
Freier müssen Kondome benutzen, Prostituierte müssen sich melden und Sex per Flat-Rate soll es nicht mehr geben. Das sind alles Punkte, die im neuen Prostituiertenschutzgesetz drin stehen. Viele Prostituierte sind gegen das Gesetz - sie sehen sich entmündigt und stigmatisiert.
Marie Merklinger wiederum geht das Gesetz nicht weit genug. Sie war drei Jahre als Prostituierte tätig, weil sie Geld brauchte. 2011 fand sie eine andere Arbeit und stieg aus. Als sie den neuen Job verlor, fiel Marie Merklinger in ein tiefes Loch. Depressionen und Gefühle der Ohnmacht folgten. Vor allem musste sie feststellen, dass es keine Hilfe für sie gab. Denn Prostitution gilt vielen als Job wie viele andere auch. Merklinger findet das nicht: Sie sieht sich als Überlebende der Prostitution und kämpft gegen sie.
Überlebende der Prostitution
Merklinger kämpft für das schwedische Modell. "Prostituierte werden damit vollkommen entkriminalisiert", sagt sie. Die Frauen dürfen Sexarbeit anbieten, aber die Freier bekommen ein Bußgeld. Damit schafft sich die Prostitution von selbst ab. Diese Forderung geht über das geplante Prostituiertengesetz weit hinaus.
Das Gesetz findet Merklinger noch aus anderen Gründen nicht gut. Freier von Zwangsprostituierten müssen künftig mit Freiheitsstrafen rechnen. Dass Freier immer gleich die Situation erfassen können, das glaubt Merklinger nicht. Die Polizei müsse viel mehr kontrollieren, auch schon bei Verdachtsfällen.
"Mich stört, dass Freiern die Verantwortung gegeben wird, ob es sich um Zwangsprostituierte handelt."
Merklinger findet die Meldepflicht für Prostituierte, die das Gesetz vorsieht, gut. Jeder, der ein Gewerbe ausführt, muss gemeldet sein, sagt sie. Außerdem erwerben die Frauen dadurch wichtige Ansprüche auf unser Hilfesystem, wie zum Beispiel Renten- und Gesundheitssystem.
"Ich finde es unsäglich, dass unsere Gesellschaft die Frauen hierher kommen lässt. Sie benutzen lässt durch deutsche Männer. Und wenn die Frauen kaputt sind, dann werden sie weggeworfen und weggeschickt."
Merklinger setzt sich vor allem für viele junge Prostituierte ein, die oft zwischen 18 und 20 Jahren alt sind und aus dem Ausland kommen. Sie fordert, dass die deutsche Gesellschaft für die Frauen die Verantwortung übernehmen soll. Die meisten der Prostituierten arbeiten in Bordellen, erzählt Merklinger. Alle zwei bis vier Wochen werden sie in das nächste Bordell gebracht, damit die Männer Abwechslung haben. Die Frauen haben keine Kontakte nach draußen, sagt Merklinger. Sie wissen teils noch nicht einmal, in welcher Stadt sie sind.
Kritik von Prostituierten an dem neuen Gesetz, die sich entmündigt sehen, kann Merklinger nicht nachvollziehen. Teils würden sich Frauen zu Wort melden, die mittlerweile eigene Bordelle führten und andere Interesse verfolgten.