Facebook scheint für Forscher die Resterampe zu sein, auf der sie ungefragt nach Teilnehmern und Daten für die unterschiedlichsten Fragestellungen suchen. Dürfen die das? Zumindest ist es den Wissenschaftlern nicht verboten, auf Social-Media-Daten zuzugreifen.
Es war ein wissenschaftlicher Skandal: Harvard-Forscher veröffentlichten 2008 Ergebnisse, die sie aus einer Datenbank gewonnen hatten. Relativ schnell konnte die Identität der Datenlieferanten festgestellt werden: 1600 Studienanfänger der Harvard-Universität. Die Wissenschaftler haben drei Jahre lang auf deren Facebook-Profile zugegriffen, sie beobachtet und ausgewertet - ohne dass die Studenten etwas davon wussten. Die Wissenschaftler hingegen wussten fast alles über die Studenten - sexuelle Vorlieben, Musikgeschmack, Herkunft, Wohnort, Freunde, Fotos und so weiter. Auf Druck wurde die Datenbank offline genommen.
Die Daten sind ja schon öffentlich
Theoretisch muss die Anonymität der Probanden bei wissenschaftlichen Forschungen gewährleistet sein. Aus den Daten sollen keine Rückschlüsse auf die Person gezogen werden können. Der Schutz der Privatsphäre hat im Grunde also oberste Priorität. Bei den Sozialen Netzwerken ist das alles etwas komplizierter - schließlich sind die Daten schon veröffentlicht und die Nutzer haben das freiwillig getan. Allerdings, ohne zu wissen, dass sie irgendwann in einer Studie landen könnten.
"Es ist nicht einfach abzugrenzen und zu sagen: Big Data sind per se anonymisierbar oder nicht identifizierbar."
Ethisch ist es natürlich bedenklich, wenn die Forscher einfach Daten von Facebook oder Twitter absaugen. Doch weil die Daten bereits öffentlich waren, sahen die Soziologen keine Verletzung der Privatsphäre. Hier beginnt ein Graubereich zwischen Forschungsinteresse und ethischen Grundsätzen. Denn wie Wissenschaftler die Daten in sozialen Medien nutzen dürfen, ist bislang nicht verbindlich geregelt.
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