Nachdem Marlies sich ihre langen lockigen Haare abgeschnitten hatte, waren Menschen plötzlich weniger freundlich zu ihr. Soziologe Johannes Krause erklärt, welche Vorteile attraktive Menschen im Leben haben.
Alle Menschen sind schön, Schönheit kommt von innen und Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Schön wär’s, muss man leider sagen. Denn wissenschaftlich lässt sich nachweisen, dass es so etwas wie Normschönheit gibt und dass Menschen, die dieser Norm entsprechen, im Leben Vorteile haben.
Wissenschaftlich erwiesen: Schönheit verschafft positive Aufmerksamkeit
Pretty Privilege kennt auch Marlies. Bereits in der Schulzeit sei sie sich dessen bewusst gewesen, dass Menschen freundlicher zu ihr waren, sie öfter angelächelt oder ihr mehr positive Aufmerksamkeit geschenkt haben. Doch besonders bewusst sind ihr die Privilegien geworden, als sie plötzlich weg waren.
"Ich habe mir die Haare abrasiert, weil ich Bock drauf hatte und weil ich wissen wollte, was passiert, inwiefern ich anders behandelt werde."
Inzwischen sind die Haare wieder länger und Marlies erzählt, dass sie auch wieder anders behandelt wird. "Vor allem wenn ich mich schminke", fügt sie hinzu.
Pretty Privilege im Zusammenhang mit People of Color
Ihren Selbstwert hat Marlies von der Reaktion der anderen nie abhängig gemacht. Anders ging es Suzi. Ihr Aussehen wird und wurde oft kommentiert und das sowohl von Fremden als auch von Familienmitgliedern.
"Für mich als Woman of Color ist Pretty Privilege noch mal etwas anderes, weil es einhergeht mit Colorism und Rassismus. Leute sagen mir zum Beispiel, wenn meine Haut heller wäre, wäre ich hübscher."
Inzwischen hat Suzi einen Weg gefunden, mit solch übergriffigen Kommentaren umzugehen: Aktiv am eigenen Selbstbewusstsein arbeiten und sich dessen bewusst werden, dass ihre Schönheit in ihrer Einzigartigkeit liegt.
Soziologen sprechen vom Wettbewerbsvorteil der Attraktiven
Auch die Wissenschaft beschäftigt sich mit Pretty Privilege. In der Fachsprache heißt es Attractiveness Competitive Advantage, also Wettbewerbsvorteil der Attraktiven, erklärt Soziologe Johannes Krause.
"Empirisch lässt belegen, dass attraktive Personen mehr Aufmerksamkeit bekommen und ihnen wünschenswerte Eigenschaft zugeschrieben werden, wie Freundlichkeit, Zuverlässigkeit und Zielstrebigkeit."
Attraktive Personen bleiben Menschen länger positiv in Erinnerung. Menschen wollen mit ihnen mehr zu tun haben, bieten ihnen öfter ihre Hilfe an, erklärt Soziologe Johannes Krause. Das geht so weit, dass die Gründe für Verfehlungen bei attraktiven Personen weniger bei ihnen als bei den äußeren Umständen gesucht werden.
Komplett ausgeliefert sind Menschen dem Pretty Privilege nicht, fügt Johannes Kern hinzu. Denn immerhin könnte man sich Attraktivitätsprivilegien stärker ins Bewusstsein rufen.
Der Macht der Schönheit nicht komplett ausgeliefert
Das beginnt bei der Kindererziehung, dass Mädchen nicht als Prinzessinnen bezeichnet werden, die sich entsprechend zurechtmachen müssten, erklärt der Soziologe. Auch Arbeitgeber*innen sollten ihre Entscheidung für Bewerber*innen noch mal kritisch überdenken und abwägen, ob sie die Stelle rein nach Kompetenz besetzen oder ob das Äußere mitausschlaggebend ist.
Andererseits gebe es Berufe, in denen das Äußere eine Rolle spiele bei Models zum Beispiel oder im Verkauf. Und so ganz lasse sich der Faktor Schönheit eh nie ausklammern, sagt Johannes Krause. Dazu sei das Schönheitsideal evolutionär und sozial viel zu stark in uns Menschen verankert.
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- Marlies über ihr die Erfahrung mit Pretty Privilege
- Suzi über Pretty Privilege im PoC-Kontext
- Johannes Krause, Soziologe