Den Rechtsextremen in der Polizei sei mit einer bundesweiten Studie nicht beizukommen, meint der Polizeiwissenschaftler Rafael Behr. Hilfreicher seien anonyme Meldesysteme für Polizisten und mehr Öffentlichkeit.
In der Polizei in Nordrhein-Westfalen sind mehrere rechtsextreme Chatgruppen aufgedeckt worden: Mindestens 29 Polizistinnen und Polizisten haben sich jahrelang gegenseitig Nachrichten mit menschenverachtendem und volksverhetzendem Inhalt geschickt oder diese zumindest mitgelesen.
Darunter sind dem Vernehmen nach Bildmontagen von Flüchtlingen in einer Gaskammer oder Darstellungen von schwarzen Menschen, die erschossen werden. Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte dazu eine umfassende Pressekonferenz gegeben. Gegen 11 Personen wird nun strafrechtlich ermittelt.
Radikalität als Sicherheitsproblem
Rechtsextreme Vorfälle bei der Polizei hat es in den vergangenen Jahren immer wieder gegeben, Stichwort NSU 2.0. Das gibt Anlass zur Vermutung, dass viele Polizistinnen und Polizisten in Deutschland rechtsradikale Ansichten haben, gegen den geleisteten Amtseid verstoßen und nicht allen Bürgerinnen und Bürgern gleichermaßen ein Gefühl von Sicherheit geben können.
Um das Problem systematisch anzugehen, ist wiederholt eine Studie gefordert worden, die Rechtradikalismus in der Polizei bundesweit untersuchen soll. Innenminister Horst Seehofer (CSU) lehnt diese Forderung weiterhin ab. Einige Bundesländer planen nun gegebenenfalls eine eigene Studie durchzuführen.
Studie zu rechtsextremen Polizisten
Polizeiwissenschaftler Rafael Behr zweifelt an der wissenschaftlichen Machbarkeit einer solchen Studie und sagt: "Es ist schon so viel über diese Studie spekuliert worden, dass dieser Erhellungswunsch gar nicht in Erfüllung gehen kann." Behr, der Polizeiwissenschaften an der Akademie der Polizei in Hamburg lehrt, ist überzeugt davon, dass sich rassistisches Denken nicht mittels einer wissenschaftlichen Untersuchung werde feststellen lassen: "Wir können den Leuten nicht in den Kopf hineinschauen oder ins Herz."
Noch schärfere Tests der Anwärterinnen und Anwärter hält er für kontraproduktiv. Das könne der Polizei Nachwuchsprobleme bereiten.
"Wenn wir alle nicht nehmen wollen, die ein bisschen autoritär sind oder die möglicherweise andere, etwas abweichende, Ideale haben, dann hat die Polizei bald keinen Nachwuchs mehr."
Innerhalb der Polizei sei es wohl ein gutes Mittel Rassismus und Rechtsradikalismus zu begegnen, indem Öffentlichkeit hergestellt werde. Anonyme Meldestellen - Rafael Behr nennt das "Hinweissysteme" - mit denen sich Beamtinnen und Beamte an ihre Vorgesetzten wenden, wären da durchaus ausbaufähig. Es gebe davon bisher nur "Spurenelemente". Voraussetzung für solche Meldesysteme wäre die absolute Gewährleistung von Anonymität für die Hinweisgebenden. Denn unter Polizeikollegen gelte allgemein, dass man sich nicht gegenseitig anschwärze.
"Es müssten Systeme sein, die garantieren, dass nicht doch irgendwann Name und Dienstausweisnummer auftauchen."
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