Die Politökonomin Maja Göpel will nichts weniger, als die Welt verändern – zum Wohl der Umwelt und der Menschen. Ist das naiv? Ist das radikal? Nein, sagt sie. Naiv und radikal seien diejenigen, die behaupten, die Welt kann in zehn Jahren noch so aussehen wie heute. Wir müssen und wir können unsere Zukunft gemeinsam neu denken, so ihre Botschaft.
Eigentlich wollen wir doch alle das gleiche, überlegte sich Maja Göpel irgendwann: Intakte Natur, keine Kriege, keine Armut – warum ist es dann so schwer, das zu schaffen? Antworten auf diese Fragen suchte sie anfangs in der Medien- und Kommunikationswissenschaft, später in der Psychologie, dann in der Soziologie und in den Politikwissenschaften.
"Ich bin mit Tschernobyl groß geworden. Dann kam die Frage mit Atomkraft, mit Energieversorgung. Und dann gab es Golfkriege, gegen die wir protestiert haben. Und irgendwann hab ich eben Fragen gestellt."
Dann merkte sie: "So lange ich nicht diesen wirtschaftlichen Antrieb von Immer-mehr-Produzieren und Immer-mehr-Verkaufen verstehe, wo der herkommt und warum der so schwer zu durchbrechen ist, werde ich das Handeln in Politik und Gesellschaft nicht verstehen."
Heute ist Maja Göpel Politökonomin, und zwar eine der einflussreichsten in Deutschland. Als Generalsekretärin des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen der Bundesregierung
(WBGU) berät sie die Bundesregierung in Fragen globaler Umweltveränderungen.
"Wenn wir uns vorstellen: 'Wie kann es funktionieren, so alle zusammen auf diesem einen runden Planeten?', dann braucht es eben so etwas wie eine zirkuläre Ökonomie."
Maja Göpel wirbt für eine zeitgemäßere Klimapolitik, für eine Abkehr vom reinen Wachstumsgedanken und für eine Digitalisierung, die mit Nachhaltigkeit vereinbar ist. Um das zu erreichen, müssen wir allerdings komplett umdenken, sagt sie – zirkuläre Ökonomie statt Wegwerf-Wirtschaft zum Beispiel.
"Wenn man einmal darüber nachdenkt, kommt man schnell zu dem Schluss, dass wir gar kein Umweltproblem haben, sondern ein Gesellschaftsproblem."
Damit das klappt, muss sich zuallererst allerdings in der Gesellschaft etwas ändern, erklärt Maja Göpel im Interview: "Wir merken, dass die Verunsicherung wächst, dass alle anfangen, sich sehr stark zu beschimpfen und sich gar nicht mehr zuzuhören, wenn jemand Vorschläge macht." Deshalb brauchen wir mehr menschliches Miteinander, müssen den Vorschlägen der anderen mehr zuhören, so ihr Appell.
Maja Göpel: Wir Menschen sind nicht nur egoistisch
Zum anderen müssten wir unsere selbstlose Seite wieder entdecken, die uns durch das bisherige Fortschrittsdenken und die gängige Wirtschaftslogik quasi abtrainiert worden sei. Wir sind nicht nur egoistische, ökonomisch kalkulierende Menschen, ist sie sich sicher, auch das Altruistische steckt in uns.
"Radikal oder naiv sind all diejenigen, die behaupten, dass unsere Welt in zehn Jahren noch so aussehen kann wie heute."
Wenn wir nicht umsteuern, rennen wir bald gegen die Wand, warnt Maja Göpel. Demnach haben wir gar keine andere Wahl. Aber sie macht auch Mut: Wir können das schaffen, da ist sie sich sicher. Wie das klappen könnte, dafür liefert sie auch Ideen und Vorschläge.
Viel mehr Gemeinsamkeiten als wir glauben
In ihrem Buch "Unsere Welt neu denken - Eine Einladung" versucht sie unter anderem, deutlich zu machen, dass die verschiedenen Perspektiven auf das Thema viel mehr Gemeinsamkeiten haben, als wir derzeit vielleicht glauben. Und dass es auch Instrumente gibt, diese Ziele zu erreichen. Und zwar so, dass es allen etwas bringt und jeder seinen Platz findet.
"Der Wille und der Optimismus, in dem durch menschlichen Willen viel möglich ist, sind manchmal viel wichtiger als der Pessimismus des Intellekts."
Pessimismus à la "Das kann ja nicht klappen!" lässt sie nicht gelten. Sie führt das Beispiel Europäische Union an: Wenn daran keiner geglaubt hätte – trotz all dieser Kriege und all der Gewalt – wäre nichts aus einem vereinten, friedlichen Europa geworden. Aber es gab ein paar Optimisten, die den Rest mit ihrer Utopie anstecken konnten. Und die Geschichte gab ihnen recht.
"Es geht auch anders!"
Im Gespräch mit Sebastian Sonntag erzählt Maja Göpel noch viel mehr: Wie sich die Wissenschaft erklärt, warum wir zwar wissen, dass unser Handeln schädlich ist, wir es aber trotzdem nicht ändern, wie ein Wandel überhaupt möglich sein soll und was die Probleme beim Klimawandel mit denen unserer digitalen Zukunft gemeinsam haben. Unter anderem. Das ganze Gespräch hört ihr, wenn ihr oben auf den Play-Button klickt.