Die Regierungsbildung in Spanien könnte schwierig werden: Keine der Parteien hat bei den Parlamentswahl eine absolute Mehrheit erreicht. Die meisten Stimmen erhielt die konservative Partido Popular – aber selbst ein Bündnis mit der rechtsextremen Partei Vox reicht nicht für eine Mehrheit.
Nach dem Ende der vorgezogenen Parlamentswahl findet sich keine regierungsfähige Mehrheit. Zwar konnte die konservative Volkspartei (PP) des Herausforderers Alberto Nuñez Feijoo die Wahl und 47 Sitze dazu gewinnen. Doch reicht das nicht aus, um Spaniens sozialistische Minderheitsregierung unter Pedro Sánchez abzulösen. Denn der einzig mögliche Koalitionspartner – die rechtspopulistische Partei Vox – hat 19 Sitze verloren.
Die Herausforderungen in der Zukunft
Damit ist ein Rechtsruck in Spanien zumindest auf dem Papier ausgeblieben, sagt ARD-Korrespondentin Franka Welz. Doch nach der Wahl herrscht keine Klarheit darüber, wie es nun weitergehen soll. Alberto Núñez Feijoo bräuchte 17 Stimmen von anderen Parteien, um Ministerpräsident zu werden. Die Partei PSOE des amtierenden Ministerpräsidenten Pedro Sánchez konnte zwar die Abwahl verhindern, doch auch der PSOE fehlt ein Partner, um eine Mehrheit für eine regierungsfähige Koalition zu bilden.
"Der PP fehlen sieben Stimmen um auf die magische Zahl von 176 Stimmen für eine Mehrheit zu kommen – wenn es zu der konstituierende Sitzung im Abgeordnetenhaus kommt, wo darüber abgestimmt werden soll, wer nächster Ministerpräsident werden soll."
Besonders auffallend ist laut Franka Welz, dass es der rechtspopulistischen Vox nur mit minimalen Abstand gelungen ist, ihre Position als drittstärkste Kraft im Land zu behaupten. "Die Unterschiede zwischen ihnen zum neuen linken Wahlbündnis Sumar von der Arbeitsministerin Yolanda Díaz liegen im Promillebereich. Wir reden von 12,39 Prozent für Vox und 12,31 für Sumar", erklärt die Expertin. Sie vermutet, dass das an dem ängsteschürenden Lagerwahlkampf der beiden großen Blöcke gelegen haben könnte. Demnach ließen sowohl Pedro Sánchez als Yolanda Díaz keine Gelegenheit aus, um ein Schreckgespenst einer Koalition aus Christdemokraten und Rechtsextremen – so stellen es die beiden dar – an die Wand zu malen.
Alberto Nuñez Feijoo von der PP hat im Vorfeld keine konkreten Ausblicke gegeben, wie ein Bündnis mit Vox aussehen könnte. Sein Argument: Wenn die PP genügend Stimmen bekommt, muss es kein Bündnis geben. Diese wenig konkreten Aussagen haben laut der Korrespondentin dazu geführt, dass einige Menschen PP gewählt haben – und andere direkt zu Hause geblieben sind.
"Spanien steht vor großen Herausforderungen, Stichwort Klimawandel und Arbeitslosigkeit – die warten nicht darauf, dass sich die politische Klasse einigt."
Einen anderen Koalitionspartner zu finden, dürfte für die PP nach Einschätzungen von Franka Welz unwahrscheinlich sein. Möglich wäre zwar eine große Koalition aus PSOE und PP – das wäre in Deutschland etwa vergleichbar mit einem Bündnis der Großen Koalition aus SPD, CDU/CSU.
Aus historischen Gründen ist das in Spanien aber so gut wie ausgeschlossen. Auch dreißig Jahre nach dem Bürgerkrieg sind die Fronten zwischen den Blöcken verhärtet. Die Frage, wie es in Spanien weitergeht, bleibt damit weiter unbeantwortet, obwohl das Land vor großen Herausforderungen steht. Neuwahlen werden aber wahrscheinlicher.
Polarisierung geht von beiden Lagern aus
Es wäre nicht das erste Mal, dass in Spanien mehrmals gewählt werden müsste, bis ein halbwegs stabiles Regierungsbündnis steht. Da eine Regierungskoalition aus den beiden stärksten Kräften ausgeschlossen ist, bleibt nur die Möglichkeit, mit kleineren Parteien zu koalieren und diesen Zugeständnisse machen. Bessere Chancen hat dabei die sozialistische PSOE, denn die hat bereits mit kleineren Parteien zusammengearbeitet.
"Pedro Sánchez hat ja schon gezeigt, dass er auch mit kleineren separatistischen Parteien zusammenarbeiten kann – zum Beispiel mit denen aus dem Baskenland oder Katalonien. Das hat ihm die Opposition immer wieder vorgeworfen."
Die Opposition kritisiert deshalb Pedro Sánchez und wirft ihm vor, mit ehemaligen Terroristen und Leuten, die Spanien zerstören wollen, zusammenzuarbeiten.
Für die Korrespondentin stehe aber vor allem auf dem Spiel, ob eine Zusammenarbeit in der Lage wäre, Spanien gesamtgesellschaftlich weiterzubringen. Aktuell nehme vor allem die Polarisierung im Land zu, sodass sich die Frage stelle, ob die unterschiedlichen Seiten überhaupt noch aufeinander zugehen.