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Bundestagsabgeordnete sind im Schnitt 47, männlich und Akademiker. Nicht so Nora Seitz: Als Fleischermeisterin ist sie eine von nur sechs Handwerksmeister*innen im neuen Bundestag. Was sie motiviert, in die Bundespolitik zu gehen.

Nora Seitz, 40, Fleischermeisterin und Unternehmerin, hat sich für einen ziemlich krassen Berufswechsel entschieden: Weil sie von vielen politischen Entscheidungen – und den Konsequenzen, die diese für Handwerk und Unternehmertum in Deutschland bedeuten – genervt war, entschied sie sich, einfach selbst als Bundestagsabgeordnete für die CDU zu kandidieren. Mit Erfolg.

Viele Bevölkerungsgruppen im Parlament unterrepräsentiert

Neben der Fleischerei, die sie zusammen mit ihrer Mutter in Chemnitz betreibt, ist Nora Seitz schon länger in der CDU aktiv. Außerdem ist sie Vizepräsidentin des Deutschen Fleischerverbandes. Hier hat sie viel für die Belange von Handwerker*innen gestritten, erzählt sie.

"Wenn die eigenen Argumente nicht mehr gehört werden, muss man sich überlegen, ob man nicht selbst ins Parlament gehen muss, um für diese Anliegen zu kämpfen."
Nora Seitz, Fleischermeisterin und CDU-Bundestagsabgeordnete

Als konkretes Beispiel, wo die Politik ihrer Einschätzung nach zu nachlässig war, nennt sie die Benennung von Fleischersatzprodukten. Bevor Nora Seitz das ausführt, stellt sie klar: "Ich habe nichts gegen vegetarische Ernährung." Dann sagt sie, was sie irritiert: "Ich verstehe nicht, warum ein veganes Schnitzel Schnitzel heißen muss."

Panierte Sellerie – und wie man das nennen sollte

Sie verweist auf Leitsätze in der Produktion und strenge Auflagen, denen das deutsche Fleischerhandwerk unterliegt. "Und dann kommt plötzlich so eine breite Masse und sagt: Wir wollen jetzt ein Stück Sellerie panieren und nennen es Schnitzel." Das gehe so nicht, meint die Fleischermeisterin.

"Ich verstehe nicht, warum ein veganes Schnitzel Schnitzel heißen muss."
Nora Seitz, Fleischermeisterin und CDU-Bundestagsabgeordnete

Nora Seitz beklagt, dass solche Belange in "der großen Politik" untergehen.

Außerdem will sie sich in den kommenden Jahren als Bundestagsabgeordnete dafür stark machen, dass das Unternehmertum in Deutschland attraktiver wird. Das sei wichtig, um Handwerksbetriebe aufrecht zu erhalten.

Weniger Unternehmer und Handwerkerinnen

Insgesamt ist die Zahl der Unternehmer*innen im neuen Bundestag zurückgegangen, ihre Zahl beläuft sich auf 37. Die AfD stellt dabei mit 17 die meisten Unternehmer*innen. Noch krasser sieht es bei Handwerksberufen aus. Lediglich sechs der 630 Abgeordneten sind Handwerksmeister*innen. Nora Seitz ist eine davon.

"Es ist wichtig, dass im Parlament unterschiedliche Lebensrealitäten präsent sind."
Pola Lehmann, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung

Auch andere Gruppen sind im Bundestag deutlich unterrepräsentiert, beispielsweise Frauen, Menschen mit Migrationshintergrund und Menschen ohne Uni- oder Hochschulabschluss. Der Bundestag ist also kein Spiegelbild der Gesellschaft.

Das muss er auch nicht sein, sagt Pola Lehmann vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. Voraussetzung ist allerdings, dass die gewählten Volksvertreter, wie ihre Bezeichnung schon sagt, ihrer Aufgabe nachgehen und das gesamte Volk – also die Anliegen aller gesellschaftlichen Gruppen – vertrete, fügt sie hinzu.

Mehr Diversität heißt mehr Perspektiven

Doch genau da ist der Haken. Das tun sie nämlich nicht. "Studien", führt Pola Lehmann aus, "zeigen sehr eindeutig, dass Präferenzen von Personen mit einem geringen Einkommen oder auch einem geringen Bildungshintergrund schlechter repräsentiert werden."

"Das Repräsentationsgefühl, dass man sich also gesehen fühlt, sollten alle Bürgerinnen und Bürger haben."
Pola Lehmann, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung

Die Annahme ist also: Wird der Bundestag diverser, steigen die Chancen, dass es eine größere Vielfalt an Perspektiven gibt. Pola Lehmann sieht da den größten Hebel bei den Parteien. "Sie müssten sich, was die Auswahl der Kandidat*innen angeht, heterogener aufstellen."

Gemessen an den Abgeordneten, die jetzt im Parlament sind, haben also alle Parteien noch richtig viel zu tun.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Politik
Brauchen wir mehr Handwerker im Bundestag?
vom 25. März 2025
Moderation: 
Rahel Klein
Gesprächspartnerin: 
Nora Seitz, Fleischermeisterin und Bundestagsabgeordnete
Gesprächspartnerin: 
Pola Lehmann, Politikwissenschaftlerin