Aufgepasst beim Steine sammeln! Wenn ihr stattdessen Phosphor erwischt, wird es brenzlig. Schuld sind Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg. Und die gibt es in der Ost- und Nordsee tonnenweise.

Bernstein gefunden! Darüber freute sich am Wochenende eine Touristin am Elbstrand von Wedel in der Nähe von Hamburg und steckte ihn sich in die Jackentasche. Allerdings stellte sich erst später heraus, dass sie keinen Bernstein sondern einen Phosphorklumpen eingesteckt hatte. Als dieser nämlich getrocknet war, fing er sofort Feuer und entzündete die Jacke der Frau. 

Phosphor statt Bernstein

Zum Glück ging der Fall glimpflich aus: Niemand wurde verletzt. Ganz selten sind solche gefährlichen Funde am Wasser nicht, erklärt Silke Hasselmann, Korrespondentin für Deutschlandfunk Nova in Mecklenburg-Vorpommern. Und das liegt an den Überbleibseln Zweier Weltkriege.

Bernstein an der Ostsee
© dpa
So sieht ein echter Bernstein aus. Leider hatte eine Touristin statt des Edelsteins einen Phosphorklumpen vom Elbstrand aufgelesen.

Der Weiße Phosphor stammt tatsächlich aus einer Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg. Der Stoff ist selbst entzündlich und erreicht Temperaturen von 1300 Grad und führt zu schweren Verbrennungen. Ein Phosphorbrand lässt sich mit Wasser nicht löschen, die Flammen müssen erstickt werden. 

Tonnenweise Phosphor und TNT

Für fleißige Steinesammler ist diese Suche also nicht ganz ungefährlich. Allein vor der Küste Mecklenburg-Vorpommerns liegen nach Schätzungen 50 Tonnen Phosphor-Brandbomben, erklärt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Silke Hasselmann: "Und das allein aus einer Angrifftswelle der britischen Armee auf Usedom. Wie viel Phosphor sich freigesetzt hat, kann man aber nicht ganz genau sagen."

Hinzukommen weitere Stoffe, die sich aus Minen abgesetzt haben sowie die Reste der Munition, die die Alliierten nach Ende des Krieges ins Meer schütten, um sie aus dem Verkehr zu ziehen.

"Da liegen diese Kampfmittel nun 70 Jahre im Meer und rosten. Salzwasser und Strömung lassen die metallenen Hüllen verschwinden und geben den Inhalt frei."
Silke Hasselmann, Korrespondentin für Deutschlandfunk Nova in Mecklenburg-Vorpommern

Vor allem bei verunreinigten Phosphorklumpen besteht Verwechslungsgefahr: Sie erscheinen weißlich-gelb und  leicht harzig. Fundstücke dieser Art sollten Steinesucher auf keinen Fall in der Hand oder am Körper tragen, sagt Silke Hasselmann. Besser in einem kleinen Metalltopf verstauen - hier können sie kaum Schaden anrichten.

"Die Gefahr wird nicht geringer, sagen Experten. Denn es liegt noch rasend viel am Meeresboden."
Silke Hasselmann, Korrespondentin für Deutschlandfunk Nova in Mecklenburg-Vorpommern

Bisher sind Unfälle mit Phosphor eher Einzelfälle, sagt Silke Hasselmann. Das Problem mit den alten Bomben aber bleibt und könnte sich mit voranschreitender Korrosion der Materialien verstärken.

Denn Phosphor ist längst nicht die einzige Hinterlassenschaft. In der Ostsee wurde eine ganze Menge Kampfmittel verschossen. In Kriegen und Manövern. Von etwa 200.000 Tonnen an chemischen Waffen wurden hier verschossen, so Silke Hasselmann. Darin allerhand weitere Stoffe wie etwa TNT.

Regelmäßige Sand-Inspektion

Wie gefährlich die Verschmutzung durch alte Kampfstoffe für Mensch und Tier ist und werden könnte, dazu gibt es noch keine konkreten Ergebnisse. Bisher ist die Beseitigung solcher Stoffe und Materialien Ländersache: Der Sand wird immer wieder auf solche Kampfmittel-Rückstände untersucht. 

Grund zur Panik bestehe aber nicht, auch sind bisher keine Fälle einer großflächigen Verschmutzung bekannt. "Im Großen und Ganzen haben die Länder da schon ein Auge drauf", sagt Silke Hasselmann.

Shownotes
Phosphor an der Ostsee
Gefährliches Strandgut
vom 07. August 2017
Moderator: 
Thilo Jahn
Gesprächspartnerin: 
Silke Hasselmann, Deutschlandfunk-Nova-Korrespondentin in Mecklenburg-Vorpommern