Das Bundesjustizministerium möchte Internetanbieter dazu bringen, die Passwörter ihrer Userinnen und User an Behörden rauszugeben. Der Gesetzesentwurf soll Rechtsterrorismus und Hasskriminalität im Netz bekämpfen. Für Kritikerinnen und Kritiker schießt der Gesetzesentwurf weit über das Ziel hinaus.
Geht es um die Kommunikation verdächtiger Personen im Netz, können Sicherheitsbehörden aktuell nur eingeschränkt auf diese zugreifen. Denn: Viele Internetdienste sind aus Datenschutzgründen verschlüsselt. Anders als über das Überwachen von Telefonen, erfahren Sicherheitsbehörden daher nur bedingt die wahre Identität von Userinnen und Usern bestimmter Onlineplattformen.
Mit einem neuen Gesetz möchte das Bundesjustizministerium Internetanbieter daher in Zukunft zwingen, Passwörter von Kundenkonten und weitere persönliche Daten der User zu erhalten. Das Ziel: Rechtsextremismus und Hasskriminalität bekämpfen.
Als Internetanbieter versteht das Bundesjustizministerium unter anderem Social-Media-Plattformen, Blogs, Chatdienste, Spiele-Apps, Informationsservices und Suchmaschinen, Webmail-Dienste, Podcasts und Flirt-Communities.
"Was ein Internetanbieter ist, ist dabei sehr weit gefasst. Es scheint, als ob jede Onlineplattform betroffen ist."
Gibt es einen begründeten Verdacht, sollen die Behörden mit einem einfachen Schreiben an die Nutzerdaten kommen. Besteht Gefahr in Verzug, reicht der Beschluss der Staatsanwaltschaft – eine schriftliche Anfrage an die Onlineplattform ist in diesem Fall nicht vorgesehen. Kommt das Gesetz durch, bedeutet das grünes Licht bei den Ermittlungen für die Polizei, den Verfassungsschutz, die Zollverwaltung und den Bundesnachrichtendienst.
Kritikerinnen und Kritiker warnen vor tiefem Eingriff in die Bürgerrechte
Für Kritikerinnen und Kritiker ist der Gesetzesentwurf hingegen der falsche Weg, um gegen Rechtsterrorismus vorzugehen. Die Grünen-Politikerin Renate Künast warnt zum Beispiel vor einem bedenklich tiefen Eingriff in die Bürgerrechte.
Auch für den IT-Branchenverband Bitkom sind die Grundwerte unseres Zusammenlebens durch das Vorhaben des Bundesjustizministeriums über Bord geworfen, wie der Verband auf seiner Homepage schreibt. Für Konstantin Kuhle, dem innenpolitischen Sprecher der FDP, gleicht das geplante Gesetz einem "Albtraum für die IT-Sicherheit".
"Weil das verschlüsselte Speichern von Passwörtern seitens der IT-Unternehmen ein nicht unerhebliches Problem des Gesetzesentwurfs ist, sind auch die IT-Verbände nicht sehr amused über das Gesetz."
Zudem sei es fraglich, wie IT-Unternehmen dem überhaupt nachkommen sollen, sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Martina Schulte. Denn: In der Regel speichern sie Passwörter nicht im Klartext ab. Bei Google zum Beispiel werden Passwörter teilweise nur verschlüsselt dokumentiert.
Für Martina ist es daher eher unwahrscheinlich, dass der Gesetzesentwurf rechtskräftig wird, dafür schieße er zu weit über das Ziel hinaus – gerade in Hinblick auf die Debatte um seine Verfassungswidrigkeit.