Feiern ist Teil unserer Freiheit – bis sie die Grenzen anderer verletzt. Covid-19 hat dazu geführt, dass sich hier etwas verschoben hat. Wir haben uns neue Konzepte für das Feiern angeschaut.
Sommerzeit, laue Nächte, geschlossene Clubs. Viele machen das Beste daraus und feiern eben draußen. Allerdings führt das vielerorts zu heftigen Konflikten. In Bonn gab es am Rhein kürzlich fünf Polizeieinsätze, 50 Platzverweise und vier Festnahmen.
- Menschen, die feiern wollen, werden kriminalisiert.
- Menschen, die schlafen wollen, werden tyrannisiert.
- Polizei und Ordnungsamt werden beschimpft und bespuckt.
Party in der Pandemie geht nur draußen - im öffentlichen Raum. Damit das funktionieren kann, braucht es neue Konzepte für den Umgang mit Feiernden.
Schon wieder alles wie vorher?
Der Elisabethplatz in München-Schwabing ist einer von vielen Plätzen in Deutschland, in dessen Nähe am Wochenende die einen feiern – und die anderen schlafen wollen.
"Neu in diesem Sommer ist, dass auch Plätze belegt sind, die vorher nicht belegt waren."
Brigitte Gans leitet in München das Allparteiliche Konfliktmanagement (AKIM). Sie hat gerade viel zu tun, denn momentan gebe es "für dieses Bedürfnis, auch mal nachts feiern und laut sein zu können, nur noch den öffentlichen Raum." Während in vielen Städten Polizei und Ordnungsamt sofort einschreiten, hat sich München 2015 entschlossen, eine Instanz zwischenzuschalten.
AKIM vermittelt
Die Leute von AKIM sind immer zu zweit unterwegs – sie versuchen zu vermitteln: zwischen Partywütigen und Menschen, die in Ruhe auf ihrem Balkon sitzen möchten. Brigitte Gans und ihr Team haben allerdings keine Befugnisse. Die wollen sie auch nicht, sagt sie. Dafür reden sie mit den Leuten auf Augenhöhe.
Einige Plätze betreuen sie dauerhaft, ihre Schichten gehen auch mal bis drei Uhr morgens. Die meisten Konflikte könnten so im Vorfeld entschärft werden, weil der Großteil der Leute das dann einsehe.
"Es ist so ein bisschen die Kraft der Ausdauer, sag ich mal."
Aber nicht alle sehen es ein. Häufig folgt auf die Ruhestörung eine Ermahnung und dann ein Platzverweis. Aber Verbote sind auch keine Lösung, sagt Lutz Leichsenring, Vorstandsmitglied und Sprecher der Berliner Clubcommision.
"Mit einem Verbot erreicht man erstmal ein Unverständnis, es wird hinterfragt. Und wenn dann nicht eine gute Antwort kommt und es keine legale Alternative dazu gibt, dann wird eben versucht, das zu umgehen."
Seit über 10 Jahren sorgen Lutz Leichsenring und seine KollegInnen dafür, dass es rund um die Berliner Clubs und Partys friedlich bleibt.
In geregelte Bahnen lenken
Sogenannte "illegale Veranstaltungen" oder "free open airs" werden etwa nicht kriminalisiert, sondern versucht, in geregelte Bahnen zu lenken. So haben sie gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer Workshops angeboten für Organisatorinnen von "free open airs".
"Wie kann man am besten Lärm vermeiden, wie kann man am besten Müll vermeiden, wie kann man am besten auf TeilnehmerInnen einwirken."
Knapp 500 Interessierte hätten schon mitgemacht und sich über solarbetriebene Soundanlagen informiert, über die Vorbereitung von Grünflächen oder Hosentaschen-Aschenbecher informiert. Grundlage des Ganzen: miteinander reden, zuhören und gemeinsam überlegen, bevor es zum Konflikt kommt.
Codewort für die Whatsapp-Gruppe
Am Elisabethmarkt in München ist das ähnlich geregelt: Dort hat Brigitte Gans mit den Schülerinnen und Schülern der nahe gelegenen Schule kleine Vereinbarungen getroffen. Sie hat sie mit den Anwohnern zusammengebracht und beide Seiten haben sich angehört, wie sie die Situation empfinden. Für den Fall der Fälle gibt es einen Plan: Die SchülerInnen haben eine Whatsapp-Gruppe und die Anwohner haben eine Person bestimmt, die mit der Gruppe in Verbindung steht.
"Wenn es ganz schlimm ist, gibt es ein Codewort und alle wissen: Okay, wenn wir jetzt nicht leiser werden, werden die Anwohner die Polizei holen."
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