Die Niederlande fördern Sportlerinnen und Sportler mit und ohne Behinderung gleich stark. Trainingshallen zum Beispiel sind selbstverständlich barrierefrei. Bei den Paralympischen Spielen haben die Niederlande gezeigt, wie erfolgreich sie damit sind. Deutschland kann von seinem Nachbarland noch einiges lernen.
Insgesamt 59 Medaillen haben die Athletinnen und Athleten aus den Niederlanden bei den Paralympischen Spielen in Tokio gewonnen. Im weltweiten Vergleich landen sie damit auf Platz fünf. Zum Vergleich: Das deutsche Team liegt mit insgesamt 43 Medaillen auf Platz zwölf.
Die Niederlande zeigen damit, dass sie als vergleichsweise kleines Land mit bevölkerungsreichen Nationen wie China, Großbritannien und den USA mithalten können, die in dieser Reihenfolge die ersten drei Plätze im Medaillenspiegel belegen – in der Vergangenheit sah das oft ähnlich aus.
Misst man aber die gewonnenen Medaillen an der Bevölkerungsgröße der Länder, zeigt sich, wie die kleinen Nationen große Industriestaaten abhängen. Dazu gehören die skandinavischen Länder und auch die Niederlande.
Stark sein durch Integration
Länder wie die Niederlande sind bei Paralympischen Spielen erfolgreich, weil sie auf Inklusion setzen, erklärt der Sportjournalist Ronny Blaschke. Die Solidarität mit vulnerablen Gruppen sei dort größer als zum Beispiel in Deutschland. Für Menschen mit Behinderung bedeutet das: Sie können einfacher am gesellschaftlichen Leben teilhaben.
In den Niederlanden werden die Sportlerinnen und Sportler mit und ohne eine Behinderung beim paralympischen Sport kaum noch voneinander getrennt. Zwar starten sie in unterschiedlichen Wettkämpfen. Sie trainieren aber in denselben barrierefreien Trainingsbereichen, werden gleich stark finanziell und auch bei der Berufsausbildung gefördert. Das führe zu mehr Austausch und Verständnis.
"In den Niederlanden gibt es kaum noch eine Trennung. Sportler mit und ohne Behinderung sind in denselben Verbandsstrukturen organisiert."
Paralympische Spiele sorgen für Umdenken
In Kanada und Großbritannien sieht es ähnlich aus. Beide Länder haben schon mal die Paralympischen Spiele ausgetragen. Besonders in London zeigte sich, welchen Einfluss der Wettbewerb auf Politik und Gesellschaft haben kann. Zum einen kam mit den Spielen ein großes Förderprogramm für den paralympischen Sport. Zum anderen geht es in Debatten stärker um Menschen mit Behinderung.
Seitdem gibt es zum Beispiel mehr Medienformate in Gebärdensprache. Und auch Unternehmen setzen bei der Auswahl neuer Mitarbeitender mehr auf Menschen mit Behinderung. Zudem haben die Athletinnen und Athleten der Paralympischen Spiele andere Menschen mit Behinderung inspiriert, selbst Sport zu machen.
Deutschland hinkt hinter her
Vergleichbare Debatten und Entwicklungen bleiben in Deutschland aus, findet der Sportjournalist. Viele Sportstätten zum Beispiel sind nicht barrierefrei. Zudem fehlt es auch an genügend ausgebildeten Trainerinnen und Sportlehrern. In Deutschland gibt es 6500 Behindertensportvereine. Gemessen an der Bevölkerung und Fläche ist das relativ wenig, sagt Ronny Blaschke.
"Es wäre gut, wenn Sportvereine generell mehr Angebote schaffen würden, damit dort auch behinderte Menschen Sport treiben können."
Der Verein Bayer Leverkusen zum Beispiel zeigt, wie Inklusion im Sport aussehen kann. Dort werden Sportlerinnen und Sportler mit und ohne Behinderung gleich stark gefördert – was auch auf Wettbewerbe Einfluss hat. Bei den Paralympischen Spielen in Tokio gehörten mehr als zehn Prozent des gesamten deutschen Teams zum Verein Bayer Leverkusen.