Papier ist haptisch, Papier riecht gut, sagen die einen. Papier ist völlig überflüssig und zerstört die Umwelt, sagen die anderen. Über Vor- und Nachteile, Texte auf Papier zu lesen.
Papier, im üblichen DIN-A4-Format ist immer noch wahnsinnig beliebt. Zum Beispiel bei der Bundesregierung, ihren Ministerien und Behörden: Im vergangenen Jahr haben die Beschäftigten dort 1,2 Milliarden DIN-A4-Blätter verbraucht. Diese Zahl geht aus einer kleinen Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion hervor.
Diese Meldung hat uns zu denken gegeben. Vor allem, weil bei uns in der Redaktion auch noch viel gedruckt wird, obwohl wir Manuskripte und Texte ja auch am Bildschirm lesen könnten. Unser Autor Johannes Döbbelt versucht Papier zu vermeiden, seine Manuskripte druckt er allerdings aus. Für ihn liest es sich einfacher, wenn er seinen Text ins Mikrofon spricht. Und außerdem findet er es praktischer, wenn er beim Einsprechen noch schnell eine Formulierung ändern will. Da gibt es jetzt bestimmt auch die Gegenstimme, die sagt: Aber Änderungen am Rechner sind doch viel übersichtlicher! Stimmt, aber bei diesem Thema geht es irgendwie auch ums Gefühl. Aber nicht nur.
"Wenn ich Sachen lernen muss, greif ich eigentlich aufs iPad zurück, ich sitze gerade an der Masterarbeit und ich hab keine Lust ständig nen Ordner mitzuschleppen mit 200, 300 Seiten drin."
Wissenschaftler haben das Ganze untersucht und und sagen: Beides hat Vor- und Nachteile. Es gibt viele Studien, die Gedrucktes und Digitales miteinander vergleichen und dann zum Beispiel fragen: Wie schnell bin ich beim Lesen, wie gut versteh ich den Text und wie viel kann ich davon behalten?
"Also für meine Arbeit lese ich sehr viel am Bildschirm und in meiner Freizeit eigentlich nur gedruckte Bücher."
Franziska Kretzschmar, Neurolinguistin an der Uni Köln, sagt: Welches Medium fürs Lesen besser ist, hängt davon ab, um welche Texte es geht und auch wer sie liest. Ein Vorteil von Bildschirmen ist der stärkere Kontrast und damit auch eine schnellere Lesegeschwindigkeit. Vor allem für ältere Menschen sei dieser Effekt relevant, weil sie stärkeren Kontrast brauchen, um Wörter gut zu erkennen.
"Ich bin durchaus, das haben einige Studien erwiesen, schneller, wenn ich auf einem Gerät lese, das eine gute Hintergrundbeleuchtung hat."
Auf der anderen Seite hat aber auch das klassische Buch ein paar Vorteile, zum Beispiel beim Verständnis des Textes. Also bei der Frage: Wie viel kann ich, von dem, was ich gelesen habe, behalten? Das klappt am Bildschirm weniger gut. Das zeige sich besonders stark bei Inhalten von Lehr- oder Fachbüchern, also Informationstexte, die unter Zeitdruck gelesen werden.
Besseres Erinnerungsvermögen beim gedruckten oder digitalen Text?
Bei gedruckten Büchern können wir häufig die Chronologie besser abspeichern und wir können uns besser orientieren. Wenn wir zum Beispiel in einem Buch eine bestimmte Stelle suchen, dann können wir das in einem gedruckten Exemplar schneller wiederfinden.
Erklären lässt sich das mit der Optik und dem Layout eines Buches: Zwei gegenüberliegende Seiten – bestimmte Infos können dann jeweils oben rechts oder unten links stehen. Damit können wir das Ganze besser verorten als bei einem PDF, wo wir lediglich nach oben oder unten scrollen. Und auch die Haptik des Buches spielt für die Orientierung im Text eine Rolle, sagt die Neurolinguistin: "Hier kann ich mir also über die Art der Schwere, der linken oder der rechten Buchhälfte – ganz platt gesagt – zusätzlich noch eine Erinnerungsstütze bauen." Denn, wenn wir umblättern, sind es am Anfang nur wenige Seiten in der linken Hand. Mit fortschreitendem Lesen verändert sich das Gewichtsverhältnis.
"Man kann ein 1000-Seiten-Buch mit einer Hand halten – und wenn man müde wird, die Buchstaben größer machen und das Licht einstellen, deswegen ist das ein bisschen angenehmer im Komfort."
Eine andere Erklärung für die jeweiligen Vor- und Nachteile von Gedrucktem und Digitalem ist aber deutlich banaler: Denn es kommt auch auf die Leserinnen und ihre Vorlieben an. Wenn wir also generell lieber gedruckte Bücher lesen, dann können wir uns hinterher besser an die Inhalte erinnern. Und wenn wir lieber Bildschirmtexte lesen, dann erreichen wir hier die bessere Erinnerungsleistung.
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