Hunderte Pakete am Tag, schlechte Bezahlung, unsichere Arbeitsbedingungen: Die Paketzusteller in Deutschland haben es schwer. Deshalb kommt nicht jedes Paket an. Faire Arbeitsbedingungen sind nicht in Sicht.
Ein Fünftel aller Postkunden ist unzufrieden, hat eine Befragung der Bundesnetzagentur ergeben. Das liegt auch daran, dass die Paketzusteller völlig überfordert sind, mit unseren ganzen Onlinebestellungen. Eine Alternative zu den unfairen Arbeitsbedingungen gibt es aktuell aber kaum, erklärt Deutschlandfunk-Nova-Reporter Robert Ackermann.
Kein Fair Trade Siegel für Paketzustellung
Die meisten der großen Paketanbieter arbeiten mit Subunternehmern, bei denen sie nur wenig Einfluss auf die Stundenlöhne und Bedingungen haben. Und das ist natürlich auch gewollt, meint Robert. Die Stiftung Warentest hat im Jahr 2014 alle großen Paketdienste getestet und dabei auch die sogenannte Corporate Social Responsibility, also Arbeitsbedingungen und Umweltschutz. Nur DHL, der Zustelldienst der Deutschen Post, hat mit "gut" abgeschnitten, darauf folgte Hermes mit "befriedigend" und alle anderen, also DPD, GLS und UPS wurden mit "mangelhaft" bewertet.
"Der Druck vom Arbeitgeber auf die Zusteller ist extrem hoch. Wenn sie mit diesem Druck im Rücken losziehen und dann schon am Anfang merken: Das läuft nicht, dann überlege ich mir schon: Ach, benachrichtige ich einfach. Der wird schon nicht da sein."
Doch selbst bei DHL gibt es ein Dreiklassensystem aus alten Postlern, Mitarbeitern der DHL Delivery GmbH mit schlechterem Tarifvertrag und ganz freien Subunternehmen. Das führt dazu, dass Pakete nicht richtig ausgeliefert werden. Aber immerhin engagieren sich einige Anbieter in Sachen Umwelt und bieten zum Beispiel die Möglichkeit, Pakete gegen Aufpreis CO2 neutral zu verschicken oder experimentieren mit Elektroautos.
Unzufriedene Kunden, überlastete Zusteller
Auch, wenn alle Beteiligten unzufrieden sind: Der Preisdruck der Branche ist so hoch, dass es kein alternatives oder faires System gibt. Was auch daran liegt, dass in der Branche derzeit nur große Firmen aktiv sein können, weil das Versandnetz mindestens ganz Deutschland abdecken muss, wegen der komplizierten Logistik und Infrastruktur, die man braucht, um liefern zu können.
Lokal gibt es allerdings Modelle, die funktionieren: Bei der Biokiste "Ida" müssen Kunden ab der dritten Etage einen Euro Treppengeld zahlen. Aber im großen Paketgeschäft ist das offenbar schwierig, denn dort kämpfen die Firmen um die ganz großen Marktanteile. Dass es so hart zugeht, hat auch mit dem Onlinehandel zu tun, sagt Simone Vintz von der Stiftung Warentest.
"Es ist so, dass die großen Versandhäuser, gerade was die Versandkosten angeht, auf die Logistikdienstleister Druck ausüben, weil hohe Versandkosten werden auch gerade von den Kunden noch nicht akzeptiert."
Wenn wir über Amazon Prime ständig umsonst Pakete bestellen, bedeutet das noch mehr Druck für die Versanddienstleister. Am Ende der Nahrungskette stehen dann die Zusteller. Die fairste Paketzustellung ist also der Laden bei uns um die Ecke. Heißt: weniger bestellen. Vielleicht ändern die Zustelldienste ja etwas, wenn der Kundendruck steigt, meint Robert.
Bei der Deutschen Bahn hat das funktioniert: Bis vergangenes Jahr konnten Kunden gegen einen kleinen Extra-Aufschlag freiwillig mit Ökostrom fahren, jetzt hat die Bahn es flächendeckend eingeführt. Vielleicht könnte es beim Versand auch einen ersten Schritt in Richtung "Nachhaltigkeits-Siegel" geben. Zum Beispiel einen Euro mehr bezahlen und dafür kommt das Paket im Elektroauto und mit fair bezahltem Boten.
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