In Lissabon gibt es in der Innenstadt mehr Ferienwohnungen als private Wohnungen. Seit der Corona-Krise stehen viele davon leer. Diese möchte die Stadt jetzt den Einheimischen zur Verfügung stellen.
Gut 500.000 Menschen leben in Lissabon. Im Vergleich dazu gab es dort vor der Corona-Pandemie pro Jahr vier bis sechs Millionen Touristen und Touristinnen. Auf einen Einwohner kamen also zu Hochzeiten neun Touristen.
"In Lissabon lebt gut eine halbe Million Menschen und bis Corona dazwischen gehauen hat, haben im Schnitt vier bis sechs Millionen Touristen die Stadt im Jahr besucht."
Besonders der Stadtteil Alfarma, der mit seinen engen und urigen Gässchen ein beliebtes Instagrammotiv ist, wurde in den letzten Jahren gerne als Viertel zum Einquartieren von Touristen ausgesucht. Laut Einschätzungen der Stadtverwaltung sollen sich hier jeden Tag doppelt so viele Touristen eingemietet haben als es Bewohnerinnen und Bewohner dort gibt, berichtet Franka Welz, Dlf-Korrespondentin für Portugal.
Immobilienspekulanten und Finanzkrise
Diese Entwicklung hatte extreme Folgen für den Wohnungsmarkt. Als klar wurde, dass Lissabon immer beliebter bei Touristen wird, haben Immobilienspekulanten günstig Wohnungen aufgekauft. Ganze Stadtteile wurden saniert und durchgentrifiziert, sagt Franka Welz. Die Einheimischen hatten davon nur wenig, da die Mieten durch die Sanierungen stark gestiegen sind. Mittlerweile gibt es in dem kleinen Lissabon mehr Airbnb-Wohnungen als in den großen europäischen Städten Paris oder Barcelona.
"Mittlerweile hat Lissabon mehr Airbnb-Wohnungen als Paris und Barcelona - und das sind deutlich größere Städte."
Hinzu kommt, dass die Finanzkrise 2008 Portugal besonders schwer getroffen hat. Als eine der Folgen hatte die Regierung 2012 den Wohnungsmarkt liberalisiert und die Mietgesetze gelockert. Bis dahin gab es eine Art umfassende Mietpreisbremse. Das sei zwar nicht so gut für den Immobilienmarkt gewesen, aber es habe den Einwohnern eine gewisse Sicherheit gegeben. Denn die Einkommen sind in den letzten Jahren nicht so gestiegen wie die Mieten, berichtet Franka Welz. Durch die neuen Gesetze hatten die Einheimischen aber ihr Recht auf bezahlbare Wohnungen verloren, sagt sie.
Als drittes Problem gebe es noch viele Großinvestoren und Fondsmanager, die Wohnungen in Lissabon als Geldanlage gekauft haben, diese aber leer stehen lassen, um sich nicht um Mietangelegenheiten kümmern zu müssen.
Stadt möchte Wohnungen für Einheimische anmieten
Um dieser Entwicklung entgegenzusteuern, plant die Stadt nun folgendes: Sie möchte Wohnungen für fünf Jahre anmieten und den Besitzerinnen und Besitzern je nach Größe einen festen Preis zahlen. Für eine Einzimmerwohnung gebe es beispielsweise 400 Euro im Monat. Zwar hätte man vor der Corona-Krise 2.000 Euro im Monat dafür bekommen, jedoch gibt es eben derzeit keine Touristen, die das zahlen.
"Die Stadt hat sich eigentlich ein ganz cleveres Konzept ausgedacht."
Um einen weiteren Anreiz zu schaffen, möchte die Stadt die Miete für die ersten drei Jahre direkt auf einmal zahlen. Und die neuen Mieterinnen und Mieter sollen nur noch ein Drittel ihres Einkommens für die Wohnungen zahlen, den Rest der Miete übernimmt die Stadt.
Das Problem sei derzeit noch, dass es deutlich mehr Mietinteressentinnen und -interessenten gebe als Eigentümer, die sich an der Aktion beteiligen wollen. Viele befürchteten, dass der Tourismus früher losgehen könnte und sie ihre Wohnungen dann dafür nicht nutzen können, wenn sie einen Vertrag mit der Stadt eingegangen sind. Andere vermieten ihre Wohnungen derzeit erstmal als Übergang an Geschäftsleute oder Auslandsstudierende und hoffen, dass es bald wieder mit dem Tourismus losgeht.