Perfekt schlafen – wer möchte das nicht? Sich darüber zu viele Sorgen zu machen, kann allerdings selbst zum Schlafproblem werden: Orthosomnie heißt es, wenn wir schlecht schlafen, weil wir zwanghaft gut schlafen wollen. Woher kommt das und was hilft?
Das Wort "Orthosomnie" setzt sich zusammen aus "ortho", also griechisch für "richtig" oder "korrekt" und "somnus" für "Schlaf". Orthosomnie ist keine schlafmedizinische Diagnose, der Begriff beschreibt ein Phänomen.
Orthosomnie: Die Jagd nach gutem Schlaf bestimmt das Leben
Typisch für Menschen mit Orthosomnie ist, dass sie ihren Schlaf ganz genau im Blick behalten wollen. Dabei helfen Schlaftracker, wie zum Beispiel eine Fitnessuhr.
"Deine Smartwatch sagt dir: Dein Schlafscore liegt aktuell nur bei 80/100. Am Tag fragst du dich deshalb oft, was du wieder falsch gemacht hast."
Wer seinen Schlaf zwanghaft kontrollieren will, tendiert eventuell dazu, die Ergebnisse des Schlaftrackings als wichtiger einzustufen als das eigene Gefühl, sagt Schlafforscherin Christine Blume. Gibt der Tracker also am nächsten Morgen an, man sei in der Nacht oft aufgewacht oder habe einen geringen Tiefschlafanteil gehabt, kann das verunsichern.
Das kann so weit gehen, dass Orthosomnie-Betroffene zwanghaft früh ins Bett gehen, obwohl sie gar nicht müde sind. Manche passen extra ihre Gewohnheiten an, um einen möglichst hohen Score zu erreichen. Sie machen zum Beispiel abends keinen Sport oder achten am Abend auf jede Mahlzeit. Auch Verabredungen werden vielleicht abgesagt – nur, weil sie den Schlaf beeinflussen könnten.
Definition uneinheitlich, Betroffenenzahl unklar
Christine Blume sagt, es gibt bisher wenig Forschung zum Thema Orthosomnie. Der Begriff taucht zwar in der wissenschaftlichen Literatur auf, aber ist noch nicht richtig definiert. Das erschwert auch die Forschung dazu.
"Expertinnen und Experten haben sich nicht auf eine Definition mit bestimmten Kriterien geeinigt. Das ist ein großes Hindernis für Forschung zu diesem Thema."
Es gibt als (noch) keine konkreten Zahlen dazu, wie viele Menschen unter Orthosomnie leiden. Klar scheint aber, dass Tracking-Devices eine große Rolle spielen, weil sie es überhaupt erst ermöglichen, den Schlaf genau zu beobachten, so die Schlafforscherin.
Den perfekten Schlaf gibt es nicht
Schlafforscherin Christine Blume sagt: "Den perfekten Schlaf“ gibt es nicht. Es ist normal, dass wir nicht jede Nacht gut schlafen, und der Körper kann bei gesunden Schläfer*innen schlechte Nächte ausgleichen, indem er zum Beispiel in der nächsten Nacht mehr Tiefschlaf produziert.
Die Schlafforscherin betont auch, dass der Schlafmix, also die Aufteilung in verschiedene Schlafstadien in jeder Nacht anders sein kann. Tracker können nur Abweichungen vom Durchschnitt ausweisen – sie sagen nichts über den individuell richtigen Schlaf aus.
"Ein Schlaftracker kann nicht wissen, was der richtige Mix für uns individuell ist. Der kann nur unseren Schlaf mit dem durchschnittlichen Schlaf anderer Menschen vergleichen"
In dieser Folge "Über Schlafen" sprechen Schlafforscherin Christine Blume und Nova-Moderatorin Ilka Knigge auch darüber, wie Orthosomnie-Betroffene vom schlafraubenden Perfektionismus loskommen können.
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