Jens Spahn möchte bei der Organspende in Deutschland eine Widerspruchslösung: Skepsis ist angebracht - unsere Reporterin weiß warum.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will Kliniken bei der Prüfung möglicher Organspender unterstützen, um eine größere Zahl von Spenderorganen zu erreichen. Jetzt hat er nachgelegt und sich auch für die so genannte doppelte Widerspruchslösung ausgesprochen.
Unsere Reporterin Verena von Keitz ordnet seine Vorschläge ein: Widerspruchslösung bedeutet, dass alle Menschen potenzielle Organspender sind, wenn sie zu Lebzeiten nicht widersprochen haben. Doppelte Widerspruchslösung heißt, dass vor einer tatsächlichen Organentnahme auch die Angehörigen gefragt werden. Jens Spahn sagt, dass nur mit dieser doppelten Widerspruchslösung die Organspende der Normalfall werden könne. In Spanien, Frankreich, Italien und bald auch in den Niederlanden gibt es sie bereits.
Spendepflicht als Problem
Viele Mediziner begrüßen Jens Spahns Ansatz grundsätzlich, aber auch Befürworter der Organspende in Deutschland sagen, man dürfe sie nicht mit dem Holzhammer durchsetzen. Potenzielle Spender könnten aus Prinzip widersprechen, weil sie grundsätzlich nicht zur Spende verpflichtet werden wollen. Dieser Ansicht ist auch Axel Rahmel von der Deutschen Stiftung Organtransplantation.
"Voraussetzung ist aber, dass die Widerspruchslösung gesellschaftlich akzeptiert wird. Einführung der Widerspruchslösung gegen gesellschaftliche Widerstände könnte am Ende sogar eher kontraproduktiv sein."
Auch der Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, der Erlanger Theologieprofessor und Sozialethiker Peter Dabrock, sagt, man müsse bei der Widerspruchslösung von Organabgabepflicht statt von Organspende sprechen. Er lobt aber Jens Spahns ursprüngliche Initiative, die Kliniken zu stärken.
Verena sagt, das sei wahrscheinlich auch der effektivere Ansatz, um die Zahlen der gespendeten Organe zu erhöhen. Gesundheitsexperten und auch die Deutsche Stiftung Organtransplantation, die sich um die Vermittlung von Spenderorganen kümmern, meinen, dass die geringe Zahl von gespendeten Organen vor allem am schlechten Transplantationsmanagement und nicht an der mangelnden Spendebereitschaft liege. Die gute Nachricht: Die Zahl derjenigen, die bereit sind Organe zu spenden, liegt um die 80 Prozent und sie steigt seit 2010 kontinuierlich.
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