Mit 28 Jahren hatte Milena einen Herzstillstand. Ihr wurde eine Herzkrankheit diagnostiziert. Sie bekam ein Spenderherz, später noch eine Niere. Für viele Betroffene findet sich aber kein Spenderorgan. Und die Zahl der Organspenden in Deutschland geht zurück.
Milena Karlheim engagiert sich im Bundesverband der Organtransplantierten. Ihre Geschichte beginnt, als sie mit 28 Jahren zusammen mit Freundinnen feiert. Sie erinnert sich, dass plötzlich alles schwarz wurde. Später wacht sie im Krankenhaus auf und erfährt, dass sie einen Herzstillstand hatte. Nach weiteren Untersuchungen teilt ihr der Arzt dann mit, dass sie eine Herzerkrankung hat.
Warten auf ein neues Herz
Die Leistung ihres Herzens nimmt mehr und mehr ab. Es wird klar, dass Milena eine Organtransplantation benötigt – ein neues Herz. Ihr Herz ist so schwach, dass sie nur noch im Sitzen schlafen kann und ständig Angst hat, zu ersticken. Sie kommt ins Krankenhaus. Und wartet.
"Anfangs war ich erst noch froh, überhaupt ins Krankenhaus zu kommen, weil ich zuhause schon Angst hatte, dass erneut ein Herzstillstand passiert."
Milena ist in einer ungewissen Situation: Sie weiß nicht ob es ein passendes Spender*innenherz geben wird, bevor ihr altes komplett zu schlagen aufhört. Aber sie ist zuversichtlich, erzählt sie im Nachhinein: "Als ich dann eingeliefert wurde, war mir im Grunde aber klar, dass ich es schaffe. Ich hatte immer so diesen Gedanken: Du wirst rauskommen mit einem neuen Herzen."
"Zwischendurch waren natürlich Situationen, wo es bedrohlich schlechter wurde, wo dann die Gedanken kamen, so langsam sollte vielleicht doch das Spenderherz dann kommen."
Und dann kommt der Tag, an dem der Arzt ihr sagt: "Wir haben ein Spenderangebot für Sie. In einer halben Stunde geht es rüber in die Chirurgie." Milena erinnert sich gut daran: "Das sind natürlich Emotionen. Einerseits freut man sich, andererseits hat man natürlich auch dem Spender oder den Angehörigen gegenüber ein schlechtes Gewissen. Die sind jetzt in Trauer. Kann ich mich jetzt freuen? Also so ein Wechselbad der Gefühle."
Organspende geht zurück
Denn worauf Milena im Prinzip warten musste, ist folgende Situation: dass ein gesunder Mensch plötzlich stirbt und sich vor seinem Tod zu einer Organspende bereit erklärt hat.
2022 haben bundesweit in Deutschland 869 Menschen nach ihrem Tod ein oder mehrere Organe gespendet. Das sind sieben Prozent weniger im Vergleich zum Vorjahr. Damit herrscht ein großes Ungleichgewicht zu den 8.500 Menschen, die auf ein Spenderorgan warten.
Einwilligungen zur Organspende fehlen
Die Deutsche Stiftung Organtransplantation nennt als Grund dafür, dass oft eine Einwilligung fehlt. Wenn eine gestorbene Person keine Erklärung hinterlässt, dass er oder sie zu einer Organspende bereit ist, dann werden die Angehörigen gefragt. Und die entscheiden sich oft dagegen, weil sie zu Lebzeiten nie darüber gesprochen hatten und die Einstellung des oder der Toten nicht kennen.
Bei Milena liegt die Transplantation inzwischen schon einige Jahre zurück. Die Beschäftigung mit dem Thema sogar noch viel länger – denn als sie noch ein Kind war, hatte auch ihr Vater eine Herztransplantation. "Da war ich zwölf Jahre alt. Ich bin mit der ganzen Thematik im Grunde schon groß geworden. Und er hatte auch ein super Leben mit Spenderherz. Und für mich gab es gar keine andere Option, dass es bei mir genauso ist", sagt sie.
"Ich denke immer nur so von heute auf morgen."
Die Herztransplantation verläuft gut. aber damit ist Milenas Geschichte noch nicht zu Ende. Denn nach der Transplantation machen ihre Nieren Probleme. Und so kommt es, dass Milena einige Zeit später auch noch eine Spenderniere bekommt. Die Niere kommt allerdings nicht von einer toten, sondern von einer lebenden Person – von ihrer eigenen Mutter.
Weil es von Organ zu Organ unterschiedlich ist, wie lange es funktioniert, kann es sein, dass Milena im Laufe ihres Lebens noch weitere Organspenden benötigen wird. Allerdings mache sie sich darüber jetzt noch gar keine Gedanken, sagt sie.
Die Widerspruchslösung
Aktuell wird in der Politik über die sogenannte Widerspruchslösung bei Organspenden diskutiert. In vielen europäischen Ländern wird das inzwischen so gehandhabt: Jeder Mensch, der stirbt, gilt damit als potentielle*r Organspender*in. Und nur wer offiziell sagt, "ich möchte nicht spenden", wird davon ausgenommen. Im Prinzip ist das die Umkehrung des bisherigen Organspendeausweises.
Milena würde eine solche Regelung gut finden, sagt sie: "Weil sich dann jeder damit auseinandersetzen muss und dementsprechend seine Entscheidung freiwillig trifft." Auch die Angehörigen würden dadurch entlastet. Deutschland ist eins von wenigen europäischen Ländern, wo es die Widerspruchslösung noch nicht gibt. "Und wenn man jetzt verreist in ein Land, wo eine andere Regelung vorliegt, dann greift die Regelung, und das wissen die wenigsten. Also man sollte sich schon im Vorfeld mit dem Land auseinandersetzen, wie das dort geregelt ist und dann natürlich auch besser einen Organspendeausweis mit sich führen", sagt Milena Karlheim.