In Deutschland gibt es wesentlich mehr Menschen, die auf eine Organspende warten, als Spender. Ein Verein möchte das ändern – mit einem bestimmten Tattoo.
Es ist grafisch und schlicht: das Organspende-Tattoo. Ein Halbkreis, der sich in einen vollen Kreis hineinschiebt, das soll die Organspende symbolisieren.
Dem Organspendeausweis ist das Tattoo in einem Punkt überlegen: Es kann gut sichtbar auf der Haut platziert werden.
Als Ines von der Aktion gehört hat, hat sie gleich einen Termin im Tattoo-Studio gemacht: "Ich habe im Bekanntenkreis drei Transplantierte", erzählt sie. Einen Organspendeausweis besitzt sie seit zehn Jahren. Nun kommt das Organspende-Tattoo gleich unter die Blumen auf ihrem Unterarm.
Carolin aus Essen trägt ihr Tattoo ebenfalls auf dem Arm. So möchte sie mit anderen über die Organspende ins Gespräch kommen. Sie arbeitet als Physiotherapeutin in einem Herzzentrum und begleitet dabei viele Patient*innen nach ihrer Organtransplantation. Sie weiß, wie langwierig die Wartezeit für eine Organspende sein kann.
"Das Tattoo ist auf der Haut und spricht mehr Menschen an, die nach der Bedeutung des Tattoos fragen."
In Deutschland warten etwa 8500 Menschen auf eine Organspende. Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gab es im Jahr 2021 allerdings nur 933 Organspender*innen. Im europaweiten Vergleich ist das eher wenig. In Spanien beispielsweise ist die Spendenbereitschaft rund drei Mal so hoch.
Dass in Deutschland wenige Menschen ihre Organe spenden, liegt auch daran, dass sie sich aktiv für die Organspende entscheiden müssen. In vielen anderen Ländern ist das umgekehrt geregelt: Alle gelten dort automatisch als Organspender*innen, es ei denn, sie widersprechen.
Das Tatoo ist eine Willensbekundung
Das Tattoo ersetzt zwar keinen Organspendeausweis. Es ist aber eine Willensbekundung, die zeigt, dass man seine Organe nach dem eigenen Hirntod spenden möchte. Vor allem soll das Tattoo ein Anlass sein, mehr über die Organspende zu sprechen.
Die Idee für das Tattoo hatte der Verein "Junge Helden". Wer an der Aktion teilnehmen möchte, bekommt ein kostenloses Tattoo. Auf der Seite des Vereins finden sich alle Tattoo-Studios, die sich beteiligen – mittlerweile sind es rund 250 in ganz Deutschland.
Tätowierer mit Spenderniere
Thomas Schipper aus Lüneburg ist mit seinem Tattooladen dabei. Er macht mit, weil er aus Erfahrung weiß, was es bedeutet, auf eine Organspende angewiesen zu sein: Thomas hat vor einigen Jahren beide Nieren verloren. Seine Freundin Elise hat ihm dann eine ihrer Nieren gespendet: "Die Niere, die ich jetzt habe, funktioniert, und deswegen machen wir bei allem mit, was für die Organspende gut ist – auch gerne umsonst", sagt er.
"Ich lag anderthalb Jahre an der Dialyse."
Die Nachfrage nach dem Organspende-Tattoo ist groß. Ein Tattoo-Studio in Schleswig-Holstein hat sich mittlerweile wieder von der Liste nehmen lassen, weil das Telefon dort nicht mehr stillstand.
Mitinitiatorin Anna Barbara freut sich über den hohen Zulauf. "Wir sind den Tattoo-Studios unglaublich dankbar. Das ist viel Zeit, das sind Materialkosten, das ist ein großes Commitment für dieses Thema, und das ist nicht selbstverständlich", sagt sie.