Reiche Privatleute und große Konzerne besorgen sich ständig neues Geld auf internationalen Finanzmärkten. Mal geschieht das legal, oft aber auch mit hoher krimineller Energie, wie die Politikwissenschaftlerin Andrea Binder feststellt.
Im Volksmund werden sie oft "Steueroasen" genannt, Fachleute sprechen von großen "Offshore-Finanzzentren". Dort entsteht quasi Geld aus dem Nichts. Nur Otto Normalbürger ist es nicht erlaubt, davon zu profitieren, wenn er einen Kredit benötigt. Die ganz Großen hingegen können dort steuerbegünstigende oder gar steuerfreie Regelungen nutzen und beispielsweise die deutschen Finanzbehörden umgehen – rechtlich absolut sauber.
Geld aus dem Nichts
Aus dem Ruder hingegen läuft das alles dann, wenn Kriminelle in Ländern mit Offshore-Finanzzentren selbst Banken gründen, um ihr Geld sauber zu waschen.
"Offshore-Finanz macht es möglich, Regeln zu umgehen, die man sich national gegeben hat – sowohl was die Besteuerung angeht als auch die Geldschöpfung."
Unsichtbar zum Beispiel werden Immobilien in Dubai, die sich unter anderem über ein Berliner Büro kaufen lassen. Investoren, die ihre Eigentumsrechte nicht angeben, werden auch nicht verfolgt. Binder verweist darauf, dass es in Dubai kein Register gibt, sodass eine Nachverfolgung unmöglich ist.
Keine Steuern auf Eigentum
Das kriminelle Leben in solchen international zugänglichen Finanzzentren spiele sich hinter einem Vorhang ab, der ganz viele der Verbrechen verdecke. Sie selbst versucht, den besagten Vorhang mit ihren Forschungen zur Seite zu schieben und klärt in öffentlichen Veranstaltungen über solche Praktiken auf.
"Die Strategie dahinter ist, das Recht so anzuwenden, dass die Eigentümerschaft nicht klar ersichtlich ist."
Nur ganz selten können auch wir einen kleinen Blick hinter den Vorhang werfen. Dann, wenn Panama- oder Pandora-Papers auftauchen, wenn also wieder mal jemand die Mechanismen auf den Offshore-Finanzmärkten geleakt hat.
Die Politikwissenschaftlerin Andrea Binder befasst sich mit sogenannten "Offshore-Finanzzentren". Das größte Problem bestehe darin, dass bei der Kreditvergabe immer mehr Geld aus dem Nichts geschaffen werde. Ihren Vortrag hat sie am 15. Mai 2024 innerhalb der Ringvorlesung "Finanzkrisen und Geldsysteme" gehalten. Gesprochen hat sie auf Einladung der Kritischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der FU Berlin. Dr. Andrea Binder ist zudem Freigeist-Forschungsgruppenleiterin und arbeitet im Bereich Internationale und Vergleichende Politische Ökonomie am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft.