Im besten Fall sind viele Menschen deutlich mehr als nur Kolleginnen und Kollegen. Hannah braucht die Duz-Kultur und hat bei der Arbeit schon echte Freundschaften geknüpft. Davon können alle Seiten etwas haben, erklärt die Psychologin Ulrike Fasbender. Es gibt aber auch Ausnahmen.
Abgesehen von Geld, Selbstbestätigung und Beschäftigung kann Arbeit noch weitere Vorteile haben: Es können dort stabile Freundschaften entstehen. Hannah kennt diese schöne Seite. Sie war erst 2021 auf der Hochzeit einer Freundin, die sie noch von einem Praktikum kennt. Wenn Kontakte über Jahre erhalten bleiben, dann werde daraus eben manchmal eine Freundschaft.
Neuer Job, neue Freunde
Jetzt ist Hannah gerade wegen ihres Jobs nach Berlin gezogen und sagt: "Ich bin generell eher ein Mensch, der auch informelle Kontakte auf der Arbeit braucht, um mich einfach wohl zu fühlen." Für ein total formales Team, sei sie einfach nicht der richtige Typ. Das fange schon bei der Anrede an. Sie kann sich nicht vorstellen, ihre Kolleginnen und Kollegen grundsätzlich zu siezen.
"Ich brauche auch diese Duz-Kultur teilweise, natürlich nicht ab einem bestimmten Level."
Sie findet, dass sich diese relativ persönliche Nähe zu manchen Kolleginnen und Kollegen schon allein deswegen ergibt, weil der Wechsel in fremde Städte gesellschaftlich erwartet werde. Außerdem sei sie im Job eher daran interessiert, Wissen zu teilen, statt zu versuchen einen Wissensvorsprung beruflich auszunutzen. Sie sagt: "Dadurch habe ich dieses Konkurrenzgefühl gar nicht auf der Arbeit."
"Ich bin ein bisschen darauf angewiesen, dass meine Arbeitskolleginnen und Kollegen auch vielleicht ein Stück weit meine Freunde werden. Wenn es passt."
Freundschaften sind immer Freundschaften, relativ unabhängig davon, ob sie nun mit der Arbeit verbunden sind oder nicht, sagt die Psychologin Ulrike Fasbender. Freundschaften basierten auf Gemeinsamkeiten, Nähe und Vertrauen – ziemlich unabhängig vom Kontext. Sie selbst habe auch Freundinnen und Freunde am Arbeitsplatz.
Kooperation hat soziale Nebeneffekte
Ulrike Fasbender lehrt Wirtschafts- und Organisationspsychologie am Institut für Bildung, Arbeit und Gesellschaft an der Universität Hohenheim in Stuttgart. Freundschaften im Job könnten aber grundsätzlich positive Effekte auf das Arbeitsergebnis haben. Ein kooperativer Ansatz beispielsweise, wie Hannah in verfolgt, habe auch positive Effekte auf die Arbeitsleistung, sagt Ulrike Fasbender.
"Wir tauschen Wissen mehr mit unseren Freunden aus. Wir sind dadurch kreativer. Wir leisten mehr."
Umgekehrt kann es zu Loyalitätskonflikten kommen und Freundschaften in Arbeitszusammenhängen nachteilig sein. Ulrike Fasbender beschreibt diese innere Abwägung so: "Da kommt man schnell ein bisschen in so eine Situation: Was mache ich jetzt? Bin ich jetzt ein guter Freund? Oder bin ich jetzt ein guter Mitarbeiter?" Hinzu komme, dass Freundschaften auch Zeit und Energie kosten, das könne auch erschöpfend wirken und zu einer Doppelbelastung werden.
Ganz außerhalb dieser Abwägungsfragen nach Vorteilen und Nachteilen von Freundschaften im Job stehe noch ein ganz anderer Menschentyp. Menschen, denen es auch ohne Kontakte bei der Arbeit grundsätzlich gut gehe.
"Es ist vollkommen fein, wenn Menschen eher ihr Glück für sich alleine finden und andere nicht so sehr brauchen, um für sich ein gutes Gefühl zu haben."
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