Mitten in der Klimakrise ist die Öl- und Gasindustrie auf der Suche nach neuen Orten, an denen sie noch mehr der fossilen Energieträger finden kann. So gut wie alle Unternehmen sind dabei zu expandieren, macht ein Verbund von NGO deutlich.

Aktuell geht es auf der Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen (UN) darum, wie wir das 1,5-Grad-Ziel noch erreichen können. Klar ist: Die weltweiten Treibhausgasemissionen müssen deutlich reduziert werden. Auch klar ist: Dafür braucht es einen Wechsel von fossilen Brennstoffen wie Öl und Gas hin zu erneuerbaren Energien wie Solar- und Windkraft.

Datenbank GOGEL

Die Öl- und Gasindustrie bewegt sich allerdings in die entgegengesetzte Richtung: Sie vergrößert sich. Zu dem Ergebnis kommt ein Verbund internationaler Nicht-Regierungsorganisationen (NGO). Unter dem Namen GOGEL (Global Gas and Oil Exit List) haben sie eine Datenbank erstellt, die 901 Unternehmen aus der Gas- und Ölindustrie umfasst.

Die Datenbank hält fest, welche Pläne die Unternehmen haben, die Förderung von Öl und Gas auszuweiten. Es wird also deutlich, wo und wie viel sie dort fördern möchten und auch in welchem Stadium ihre Pläne sind. An die Daten sind die Nicht-Regierungsorganisationen unter anderem über Firmenberichte und andere Datenbanken gekommen.

"Die ganze Öl- und Gasindustrie ist weiter auf Expansionskurs."
Kathrin Ganswindt, NGO Urgewald e.V.

Die Haupterkenntnis ist, dass 96 Prozent der Unternehmen in dieser Datenbank, die eben aktuell schon Öl und Gas exportieren, weiter expandieren möchten, sagt Kathrin Ganswindt von der NGO Urgewald. Die deutsche NGO hat bei der Recherche der Datenbank mitgearbeitet. Expandieren bedeute, dass die Firmen entweder nach neuen Ressourcen suchen oder anfangen, die Ressourcen zu fördern.

Der französische Energiekonzern Total Energies zum Beispiel sucht momentan in über 50 Ländern neue Felder auf fossile Energieträger ab. Darunter afrikanische Länder wie Angola und São Tomé oder auch Argentinien. In über 20 Ländern haben sie neue Förderprojekte, dort wird also schon Öl und Gas aus der Erde geholt.

Öl und Gas für die Industriestaaten

Was in der Datenbank auffällig ist: Besonders afrikanische Länder scheinen unter den Öl- und Gasunternehmen beliebt. Laut dem Verbund der NGO möchten die internationalen Konzerne mit der Förderung in den meisten Fällen nicht die Menschen vor Ort unterstützen, sondern fördern die fossilen Energieträger für den Export in andere Industrieländer.

"Die Öl- und Gasindustrie hat sich nicht verändert, obwohl die Internationale Energieagentur im letzten Jahr klargemacht hat, dass neue Öl- und Gasressourcen im Boden bleiben müssen."
Kathrin Ganswindt, NGO Urgewald e.V.

Fossilindustrie: Kein Wandel in Sicht

Die GOGEL-Datenbank hat der NGO-Verbund zum ersten Mal anlässlich der Weltklimakonferenz 2021 veröffentlicht. In diesem Jahr wurde sie aktualisiert. Was sich in dieser Zeit nicht verändert hat: die Expansionspläne der Öl- und Gasindustrie. Obwohl die Internationale Energieagentur (IEA) im vergangenen Jahr deutlich gemacht hat, dass verbleibende Öl- und Gasressourcen im Boden bleiben müssen – wenn wir das 1,5-Grad-Ziel erreichen möchten – ist die Fossilindustrie weiter auf Expansionskurs, so Kathrin Ganswindt.

Total Energies hat auf Nachfrage von Deutschlandfunk Nova, ob sie die Zahlen der Datenbank bestätigen können und wie sie ihr Vorhaben mit dem 1,5-Grad-Ziel vereinbaren wollen, nicht reagiert. Exxonmobile, ein großer Ölkonzern mit Sitz in den USA, hat auf die gleiche Anfrage auf seinen Nachhaltigkeitsbericht 2021 verwiesen. Dort stehen vor allem: unverbindliche Formulierungen. Anstelle von verpflichtenden Klimazielen ist zum Beispiel von Ambition und Flexibilität die Rede.

Der Konzern möchte 2,5 Milliarden Dollar pro Jahr in die Reduktion von Treibhausgasen investieren. Dem gegenüber stehen rund 20 Milliarden Dollar, die der Konzern zuletzt an Gewinn gemacht hat – innerhalb von drei Monaten.

Shownotes
Förderung fossiler Brennstoffe
Öl- und Gasindustrie: Auf dem Plan steht Expansion statt Ende
vom 17. November 2022
Moderatorin: 
Anke van de Weyer
Gesprächspartner: 
Gregor Lischka, Deutschlandfunk Nova