Wer im Supermarkt einen Bio-Apfel kauft, geht in der Regel davon aus, dass dieser mit weniger schädlichen Stoffen behandelt ist als ein Apfel aus konventioneller Landwirtschaft. Das ist jedoch nicht immer der Fall.
In Deutschland gilt: Pflanzenschutzmittel, die im biologischen Obst- und Gemüseanbau verwendet werden dürfen, müssen einen tierischen, mineralischen oder pflanzlichen Ursprung haben. Chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel sind dagegen tabu.
Doch was aus der Natur kommt, ist nicht zwangsläufig ungiftig. Das gilt zum Beispiel für Kupfer- und Schwefelverbindungen, die deutlich schädlicher sein können, als synthetisch hergestellte Mittel, sagt Britta Fecke.
Umstrittener Einsatz von Kupfer
Kupfer ist beispielsweise bereits seit 150 Jahren ein sehr wirksames Mittel gegen Pilzkrankheiten, da es kaum Resistenzen dagegen gibt. Im Biolandbau wird es vor allem in feuchten Jahren gegen den falschen Mehltau beim Weinbau angewendet. Im Obstanbau setzen es die Landwirte gegen den Apfelschorf ein, der zwar gesundheitlich unbedenklich ist, aber dennoch viele Bioverbraucher von einem Kauf abhält, sagt Britta Fecke. Gegen die Kraut- und Knollenfäule am Boden wird Kupfer ebenfalls verwendet.
"Kupfer ist ein sehr wirksames Fungizid und das schon seit 150 Jahren. Also es gibt kaum Resistenzen dagegen."
In den 60er und 70er Jahren wurden teilweise bis zu 70 Kilogramm pro Hektar und Jahr eingesetzt. Das hat sich heute geändert: Pro Hektar und Jahr sind mittlerweile nur noch drei Kilogramm zugelassen. Doch auch diese Menge ist noch bedenklich.
Schaden für Boden und dessen Lebewesen
Durch Regen und Winddrift gelangt das Kupfer nach dem Aufspritzen in den Boden und bleibt dort auch. Das kann man beispielsweise anhand von Bodenproben der Steillagen an Rhein und Mosel feststellen, wo der Weinbau schon sehr lange an der gleichen Stelle betrieben wird: Die Kupferkonzentration im Boden ist dort enorm hoch.
Das toxische Kupfer schadet einerseits vielen Bodenbakterien und andererseits auch wirbellosen Tieren wie Regenwürmern. Beide sind jedoch elementar für eine gesunde Entwicklung des Bodens.
"Kupfer ist toxisch. Es tötet die Mikroorganismen und die sind halt sehr wichtig für die Bodengesundheit."
Wo und wieviel Kupfer verwendet wird, hängt auch von den Bioverbänden ab. Demeter regelt beispielsweise den Umgang mit Kupfer besonders streng, berichtet Britta Fecke. Beim Demeter-Kartoffelanbau wird Kupfer nicht mehr verwendet.
Kaliumphosphonat als Alternative
Eine Alternative zum Kupfer war bis 2013 das Kaliumphosphonat. Dieses Mittel wurde vor allem von Biowinzern eingesetzt und fiel damals noch in die Kategorie "Pflanzenstärkungsmittel". Durch Änderungen in der europäischen Gesetzgebung rutschte das Kaliumphosphonat allerdings in die Kategorie "Pflanzenschutzmittel". Da das Mittel einen chemischen und keinen natürlichen Ursprung hat, griffen hier die Prinzipien des Biolandbaus: Nicht natürlich, nicht verwendbar.
"Die Umweltfreundlichkeit ist zweitrangig"
Dagegen hält der Bund für ökologische Lebensmittelwirtschaft den Stoff im Vergleich zu Kupfer für unbedenklich. Viele Biowinzer hätten das Mittel deshalb sehr gerne zurück und betonen immer wieder den "naturstofflichen Charakter" von Kaliumphosphonat, sagt Britta Fecke. Als im Jahr 2016 der Feuchtigkeitsanteil sehr hoch war, setzten es die Winzer wieder ein und deklarierten es als einen notgedrungenen Versuch. Ob die Weine aus diesem Jahr das Label "Bio" tragen dürfen, ist immer noch nicht geklärt.
Dieses Beispiel zeigt: Der Biobranche geht es bei der Verwendung von Spritzmitteln nur zweitrangig um den Schutz der Umwelt. Was zählt, ist, ob das Mittel natürlich vorkommt und nicht, wie schädlich es de facto ist, sagt Britta Fecke.
"Die Biobranche hat ein Problem: Die Umweltfreundlichkeit ist zweitrangig, wenn das Mittel nicht natürlich vorkommt. Da geht ideologisch vor ökologisch und das darf eigentlich nicht sein."
Trotzdem: Bio ist immer noch besser als kein Bio. Im Ökolandbau sind nur 30 Wirkstoffe zugelassen. Das ist nur ein Zehntel von den Pestiziden, die im konventionellen Landbau eingesetzt werden.
Extrem schädliche Mittel wie Glyphosat werden im Biolandbau gar nicht verwendet. Und auch bei den Düngemitteln verzichten die Biolandwirte auf den Einsatz von chemischen Substanzen. Biolandwirte gehen deshalb deutlich vorsichtiger mit dem Boden um und setzen beispielsweise mehr auf Fruchtfolge anstatt darauf, den Boden einseitig auszulaugen.