Bänke, auf denen sich nicht schlafen lässt. Unterführungen, beschallt mit nerviger Musik. Manche Städte versuchen gezielt, Obdachlose von bestimmten Bereichen fernzuhalten - begründen ihre Maßnahmen aber ganz anders.
"Städte wollen Obdachlose, die das Klischee eines Obdachlosen erfüllen, nicht in den touristischen und Konsum-Zentren haben", sagt Sandra Wolf, Geografin an der Bauhaus-Universität Weimar. Denn für das Image und das Konsumklima einer Stadt würden Obdachlose als störend empfunden. Wolf forscht seit mehreren Jahren zu dem Thema und verfasst gerade ihre Dissertation zum Umgang mit Obdachlosen im öffentlichen Raum.
"Es geht darum, ein bestimmtes Image zu vermitteln. Für dieses Image und das Konsumklima in Städten werden Obdachlose als störend empfunden."
Damit Obdachlose an bestimmten Stellen zum Beispiel nicht mehr übernachten, haben sich in den vergangenen Jahren bestimmte Methoden etabliert. Zum Beispiel:
- Bänke werden in der Mitte mit Armlehnen versehen, sodass Obdachlose auf ihnen nicht mehr schlafen können. Die offizielle Begründung: Armlehnen erhöhen den Komfort, zudem wollten Menschen auf Parkbänken eine Abgrenzung zum Sitznachbarn.
- In Bahnhöfen wird klassische Musik gespielt. Sandra Wolf sagt: "Da wird angenommen, dass die Klientel klassische Musik nicht gerne hört." Tatsächlich vertreibt die Musik die Obdachlosen sogar - aber aus einem anderen Grund: Zum einen nervt sie wegen der schlechten Lautsprecherqualität, zum anderen wird dasselbe Lied immer wiederholt. Offizielle Begründung: Wer Musik hört, fühlt sich sicherer.
- In Haus- und Geschäftseingängen verteilen Düsen eine Reinigungsflüssigkeit. Sie versprühen oft aber eher einen dunstigen Nebel, der weniger zum Reinigen geeignet ist. Sandra: "Sie sorgen einfach dafür, dass das Gebiet dort ständig feucht ist und man sich dort nicht mehr aufhalten kann."
- In Hamburg wurden vor einigen Jahren an der Kersten-Miles-Brücke Steine platziert, sodass die Obdachlosen weniger Platz haben. Die offizielle Begründung: Man wolle das Bett eines Flusses nachahmen, der dort früher entlang geflossen ist.
Forscherin Sandra Wolf sieht keinen großen Unterschied zwischen den Städten in Deutschland. Ebenfalls gebe es nirgendwo großen Protest. "Die Maßnahmen sind subtil, und sie fallen kaum auf", sagt Sandra.
Wo gehen die Obdachlosen hin?
Werden Obdachlose von ihren Plätzen vertrieben, gehen sie einfach woanders hin. Sandra Wolf sagt: Sie bleiben an diesen neuen Plätzen so lange, bis der Beschwerdedruck durch die dortigen Anwohner oder Geschäftsbetreiber wieder so groß ist, dass sich die Stadt erneut gezwungen fühlt einzugreifen. Dann ziehen die Obdachlosen ziehen wieder um, das Problem verlagert sich also nur stetig: "Im Prinzip dreht man sich räumlich gesehen im Kreis."
"Der Effekt ist nur eine Verlagerung des Problems."
Es gibt gute Beispiele dafür, wie Obdachlosen eine Unterkunft geschaffen werden kann, sagt Sandra Wolf. In Hamburg zum Beispiel wurde ein Schiffscontainer umgebaut, "der wurde auch gut genutzt". Nachdem er abgebrannt war, wurde er aber nicht wieder hergerichtet.
Im kanadischen Vancouver wurden einige Bänken in der Innenstadt so gestaltet, dass man sie zu einem Dach umbauen kann. So sind obdachlose Menschen nachts zumindest vor Regen geschützt.
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