Eine Treppe, die Musik macht, damit Menschen sich mehr bewegen, anstatt die Rolltreppe zu nutzen. Das ist ein Beispiel für Nudging. Ein Ansporn, ein gut gemeinter Schubser. In der Ab 21 geht es darum, was Nudging bewirken kann – und warum der Grat zur Manipulation schmal ist.
Mathias Krisam ist Arzt und Sozialwissenschaftler. Er ist 2015 über das Phänomen Nudging gestolpert. Seither brennt er förmlich für das Thema und versucht, Nudging als Methodik mehr im Gesundheitswesen zu etablieren. Dafür hat er sogar eine eigene Agentur gegründet. Im Gespräch verrät er uns, was Nudging mit Treppen zu tun hat.
"Wir haben Nudging eingesetzt, um Menschen zum Treppensteigen zu motivieren. Für mehr Bewegung im Alltag. Wir haben das im vergangenen Herbst am S-Bahnhof Zoologischer-Garten umgesetzt, mit witzigen Sprüchen, Grafiken und Pfeilen."
Die wissenschaftliche Mitarbeiterin Carolina Rossi ist Teil der Forschungsgruppe "Nudging im Norden" an der HAW Hamburg. Das Projekt beschäftigt sich unter anderem damit, wie Nudging in der Gastronomie oder in Mensen zu einer gesunden Ernährung beitragen kann. Carolina stellt uns ihren Forschungsgegenstand genauer vor.
"In dem ich das Umfeld verändere, in dem wir uns bewegen, kann ich Leute in eine bestimmte Richtung anstupsen."
Der Schubser in die richtige Richtung?
Einer der Nudging hingegen weniger feiert, ist Robert Lepenies. Als Politikwissenschaftler am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig verfolgt er den Trend mit Skepsis. Er sieht in Nudges vor allem Tricks, die am besten dann funktionieren, wenn Menschen sie nicht wirklich durchschauen. Den Manipulations- und Intransparenz-Vorwurf mancher Kritiker kann er daher gut nachvollziehen. Vor allem dann, wenn es um die Coronamaßnahmen der Politik geht.
Wissenswertes zum Nudging
- Die angeblich zehn wirksamsten Nudges in der Politik hat der US-amerikanische Professor Cass R. Sunstein in seinem Essay "Nudging: A very short guide" aufgelistet. Darunter fallen mitunter grafische Warnhinweise (zum Beispiel auf Zigarettenpackungen), der Appell an soziale Normen (etwa energiesparendes Verhalten) oder Erinnerungen bei Vergesslichkeit oder Prokrastination (wie Erinnerungen per Mail).
- Aber bringt Nudging nur Positives? Eine Studie in den USA hat ergeben, dass Nudging auch unerwünschte Wirkung haben kann. Zum Beispiel dann, wenn der Wille zur Unterstützung anderer Maßnahmen verringert wird. Beispiel: Menschen, die bereits in Richtung Öko-Energie gestupst wurden, sprachen sich in der Studie weniger für eine Co2-Steuer aus.
- Bildungsforscher Gerd Gigerenzer vom Max-Planck-Institut hat sich schon 2015 gegen Nudging ausgesprochen. Als Gegenbeispiel zur positiven Entscheidungsfindung plädierte er für Bildung und Information. Beim Nudging würde hingegen die Inkompetenz von Personen ausgenutzt werden.
- Wissenschaftler der Universität Helsinki und des Max-Plank-Instituts haben herausgefunden, dass wir sogar zu Hause durch Nudging unsere Selbstkontrolle stärken können. "Self-Nudging" nennt sich das. Dabei hilft es manchmal schon, unseren Entscheidungen einen anderen Rahmen (Framing) zu geben. Beispiel: Statt uns zwischen Joggen und Nichtjoggen zu entscheiden, könnten wir auch zwischen Gesundheit oder Krankheit im Alter wählen.
- In Deutschland betreiben übrigens auch Krankenkassen und Autoversicherungen Nudging. Wer zu Vorsorgeuntersuchungen geht, Fitnessprogramme absolviert oder umsichtig fährt, kann Geld sparen oder Prämien einsacken.
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