Maeva Emden geht es um Verantwortung und Entschädigung. Ihr Urgroßvater musste seinen Besitz unter den Nazis verkaufen, sie haben ihn dazu gezwungen. Maeva kämpft in dritter Generation darum, das Eigentum ihrer Familie zurückzubekommen.
Offene Wunden des Unrechts – so bezeichnet Maeva den Kampf ihrer Familie. Sie und ihre Angehörigen kämpfen um Aufklärung, um Anerkennung und um Restitution. Maeva ist die Urenkelin eines Mannes, den man auch als Institution oder Visionär bezeichnen kann: Max Emden, Unternehmer und Mäzen.
Rückblick: Etliche Immobilien gehören Max Emden, darunter mehrere große Kaufhäuser wie etwa das bekannte KaDeWe in Berlin. Er spendet der Stadt Hamburg den ersten Golfklub. Und er besitzt eine beeindruckende Kunstsammlung. Bis die Nationalsozialisten ihm fast alles wegnehmen.
Max Emden hat jüdische Wurzeln. Obwohl er 1938 konvertiert und der evangelischen Kirche beitritt, sehen die Nazis ihn als Juden. Das führt dazu, dass er einen großen Teil seiner Immobilien und auch seiner Kunstsammlung unter Wert zwangsverkaufen muss.
Rückgabe der Canaletto-Gemälde
Drei der Gemälde kommen in die Privatsammlung von Adolf Hitler, zwei später in Besitz der Bundesrepublik: Es sind Kunstwerke des italienischen Malers Bernardo Bellotto, der als Canaletto bekannt ist. Andere Gemälde aus der Kunstsammlung von Max Emden kommen in die Schweiz, die USA und Australien – wo sie teilweise heute noch in Museen hängen.
"Wir haben über 15 Jahre dafür gekämpft, um Werke zurückzubekommen, die unser Eigentum waren – das kann nicht sein.
Erben als Bittsteller
Über 15 Jahre setzen sich Maeva und ihre Familie später dafür ein, die Canaletto-Bilder aus Deutschland zurückzubekommen. 2019 spricht sich die zuständige Kommission schließlich für die Rückgabe der Bilder aus. 2020 lässt die Familie die Canalettos dann beim britischen Auktionshaus Sotheby's versteigern. Mit dem Geld können sie unter anderem die extrem hohe Anwaltskosten bezahlen, die durch den Rechtsstreit um die Gemälde entstanden.
Der Weg dahin war beschwerlich und voller bürokratischer Hürden, erzählt Maeva im Interview. Sie und ihre Familie seien in der Zeit in die Rolle der Bittsteller gedrängt worden. Dabei ging es ihnen um die Rückgabe ihres Familien-Eigentums. "Ich frage mich, warum sich die Bundesrepublik so lange schwer getan hat, die Gemälde zu restituieren", sagt sie.
Was ist mit der Verantwortung?
Über diesen Missstand möchte Maeva aufklären. Neben den Gemälden geht es dabei auch um die Immobilien und den Grundbesitz, den ihr Urgroßvater durch die Nazis verloren hat. "Die Bundesregierung beziehungsweise die Stadt Hamburg sieht sich nicht in der Verantwortung, auf diese Missstände aufmerksam zu machen und auf uns zu zu kommen ", so Maeva. Genau um diese Verantwortung gehe es ihr aber. Sie vermisst eine tatsächliche Aufarbeitung Deutschlands mit der eigenen Geschichte.
"Es ist wie ein Detektiv-Puzzle, durch das man versteht, warum es Risse und offene Wunden in der Familie gibt."
Über ihre eigene Familiengeschichte wusste Maeva lange Zeit wenig. Ihr Großvater, der Sohn von Max Emden, ist während der Nazi-Zeit nach Chile geflohen, wo auch Maeva aufgewachsen ist. Nach dem Tod ihres Großvaters haben Maeva und ihre Familie ihre Geschichte rekonstruiert und so herausgefunden, wer ihr Urgroßvater eigentlich war. Sie haben aufgedeckt, wie wohlhabend er war, welches Vermögen er besessen hat und wie es ihm entrissen wurde, erzählt Maeva.
"Die Aufarbeitung ist eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit der Vergangenheit unserer Familie und den historischen Umständen in Deutschland", sagt sie. Ihr gehe es nicht darum, den damaligen Wohlstand wiederherzustellen. Es gehe ihr um Gerechtigkeit für ihre Familie und ihren Urgroßvater, Max Emden.
Über Max Emden und seine Kunstsammlung gibt es auch einen Film in der ARD Audiothek. Die Doku "Max Emden: Auch Leben ist eine Kunst" findet ihr hier.