Wenn das, was Luke Mockridge über paralympische Schwimmer gesagt hat, witzig ist, haben wir ein Problem, sagt Janis McDavid. Er arbeitet als Inklusionsberater und nennt ganz konkrete Beispiele für gelungene Witze über Behinderung.

Das war ja alles nicht böse gemeint. Es war halt ein Witz, der irgendwie nach hinten losgegangen ist. So in etwa lauten die Erklärungen und Entschuldigungen von Comedian Luke Mockridge zu seiner Äußerung über paralympische Schwimmer*innen im Podcast "Die Deutschen". Kritiker*innen hingegen sehen in den vermeintlichen Jokes Ableismus, also die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung. Doch wie sollen und können wir über Menschen mit Behinderung sprechen, vielleicht auch Witze machen?

Ableismus ist nicht witzig

Genau diese Debatte zu führen, findet Janis McDavid wichtig. Der Inklusionsberater ist ohne Arme und Beine geboren worden. In den "Witzen" von Luke Mockridge ging es genau um Menschen wie Janis McDavid. "Noch dazu habe ich vor fünf Monaten mit dem Schwimmen begonnen", sagt er nicht ohne Ironie. So gesehen könnte er die im Podcast gefallenen Aussagen auf sich beziehen. Das tue ich aber nicht, sagt Janis McDavid selbstbewusst. Was er aber ganz klar sagt: Die "Witze" sind nicht witzig, sondern diffamierend.

"Meiner Meinung nach hat das nichts mit Satire oder Humor zu tun. Die Äußerung war grenzverletzend und hat Millionen von Menschen in diesem Land vor den Kopf gestoßen."
Janis McDavid, Inklusionsberater

Die Diskussion um Luke Mockridges Aussagen bedeuten aber nicht, dass über Behinderung nicht gelacht werden darf, betont Janis McDavid. Aber womöglich geht es um die Frage, wie man Bewusstsein schafft für Humor, der Menschen nicht in ihrer Würde verletzt. Als Beispiel nennt der Inklusionsberater den französischen Kinohit "Ziemlich beste Freunde" aus dem Jahr 2011. Laut Janis McDavid zeigt der Film beispielhaft, wie es funktionieren kann über marginalisierte Gruppen zu lachen oder Witze zu machen:

  • Der Respekt wird immer gewahrt – auch wenn die Witze mal derb sind.
  • Die Person mit Behinderung ist selbstwirksam, kann Grenzen setzen und aktiv werden.
  • Die Witze richten sich nie gegen die Person; vielmehr lachen wir mit ihr.
Janis McDavid im Rollstuhl auf der Bühne
© IMAGO / Steffen Schellhorn
Es gibt einen Unterschied zwischen Auslachen und mit jemandem lachen, sagt Inklusionsberater Janis McDavid.

Janis McDavid betont jedoch auch, dass er Unsicherheiten von Menschen, die keine Behinderung haben oder niemanden in ihrem Umfeld haben, der eine Behinderung hat, verstehen kann. Er nennt sich selbst als Beispiel: "Ich selbst habe ja keine Arme und Hände. Da wissen viele nicht, wie sie mich begrüßen sollen. Denn die Hand schütteln kann man mir ja nicht. Aber man kann die Unsicherheit mir gegenüber einfach kommunizieren", sagt Janis McDavid. Und schon sei man ins Gespräch gekommen, Händeschütteln hin oder her.

Es braucht mehr als Empörung

Solche Themen in der Sendung oder zumindest danach zur Diskussion zu stellen, anzuerkennen, dass Menschen verletzt worden sind und Kritik am Gesagten üben. Das hätte im Zusammenhang mit Luke Mockridges Aussagen geschehen können, sagt Janis McDavid. Oder aber man hätte Menschen mit Behinderung direkt in die Folge inkludieren können. Genau darum geht es doch bei Inklusion.

Klickt auf Play für das ganze Gespräch mit Content Creatorin Janina Nagel
"Wir haben ein gesellschaftliches Problem, strukturellen Ableismus zu erkennen – und brauchen mehr Aufklärung."

Für einen Austausch wäre auch Janina Nagel bereit gewesen. Sie ist Content Creatorin, macht auf ihrem Kanal auch immer wieder auf Ableismus aufmerksam und war eine der ersten, die die Aussagen von Luke Mockridge, Nizar Akremi und Shayan Garcia öffentlich kritisiert haben.

Als Janina den Clip aus dem Podcast zum ersten Mal gesehen hat, war sie schockiert, sagt sie. Besonders fassungslos gemacht haben sie die Kommentare unter dem Clip. Denn: In den Kommentaren blieb eine Kritik oder Empörung über das Gesagte aus – viele haben die Aussage der drei Comedians in dem Podcast sogar beklatscht.

Klickt auf Play für das ganze Gespräch mit Journalist Jonas Wengert
"Die Empörung alleine bringt uns nicht weiter."

Bei Kritik und Empörung sollte es aber nicht bleiben, sagt Journalist Jonas Wengert. Er findet: Jetzt ist es entscheidend, den nächsten Schritt zu gehen. Wie steht es um Inklusion, Teilhabe und Barrierefreiheit in unserer Gesellschaft? Um diese Fragen sollte es gerade gehen. Er befürchtet aber, dass viele nach der Kritik wieder zur Tagesordnung übergehen werden. Es aber bei dieser Kritik im Internet zu belassen, ist einfach, sagt der Journalist. Jetzt brauche es wirksame Maßnahmen, um Barrieren abzubauen und mehr Austausch zu schaffen.

Shownotes
Nicht auf Kosten anderer
Wie Humor über Menschen mit Behinderung gelingen kann
vom 14. September 2024
Moderation: 
Lena Mempel
Gesprächspartner: 
Janis McDavid, Inklusionsberater