Das Sexualstrafrecht in Schweden steht vor einer historischen Änderung. In Zukunft könnte Sex dort strafbar sein, wenn keine ausdrückliche Zustimmung der Beteiligten vorliegt.
Schon im Juli 2018 könnte das neue Gesetz in Kraft treten. Schon länger, betont Ministerpräsident Stefan Löfven, soll es einen Entwurf dazu gegeben haben. Dass der Gesetzesvorstoß zeitnah zur aktuellen Debatte über Sexuelle Gewalt veröffentlicht wurde, die unter dem Hashtag #metoo angestoßen wurde, sei aber kein Zufall, sagt unser Korrespondent in Stockholm Carsten Schmiester.
"Dieser Gesetzesentwurf ist sehr weitgehend und möchte vielleicht den Eindruck erwecken: Wir haben nichts verpennt, sondern im stillen Kämmerlein an etwas gebastelt, das überfällig war."
In Schweden werde die #metoo-Debatte sehr eindringlich, hitzig und unter großer medialer Aufmerksamkeit geführt, sagt Carsten Schmiester - auch da zuvor solche Fälle weitgehend in der Öffentlichkeit ausgeblendet worden seien. In nahezu jeder Branche habe es zuletzt Enthüllungen über bedenkliche Vorfälle gegeben. Der Druck, etwas zu unternehmen, sei so bei der Regierung angekommen.
Aktiv 'Ja' sagen, statt 'Nein'
Angekündigt hatte Ministerpräsident Stefan Löfven das sogenannte "Einverständnis-Gesetz" in einer Weihnachtsansprache. Mit dem Gesetz soll festgelegt werden, dass immer eine aktive Zustimmung ausgesprochen oder auf andere Weise fixiert werden muss, bevor es zum Sex kommt. Eine fehlende Zustimmung könnte somit als Nein ausgelegt werden.
Bereits kurz nach der Rede äußerte sich die schwedische Anwaltskammer zu dem Fall, so Carsten Schmiester: Es sei ein Gesetz mit klar guten Absichten und einem großen Rückhalt der Bevölkerung. Problematisch seien aber die praktische Umsetzung und vor allem die juristische Aufarbeitung zukünftiger Fälle.
"Rein praktisch wird es im Gerichtssaal vermutlich problematisch. Denn gerade bei Sexualstraftaten gibt es ein Riesenproblem: die Beweisführung. Es gibt relativ häufig keine Zeugen und dann steht Aussage gegen Aussage."
Mittlerweile gebe es aber auch Kritik am aktuellen Vorhaben und dem bisherigen Umgang mit der Debatte. Ein Argument, so Carsten Schmiester: "Was bringt ein Gesetz, das ja auch logisch ist, wenn die illegale Tat nicht nachgewiesen werden kann?"
Das Gegenargument dazu lautet: "Wir haben eine moralische Verpflichtung als Regierung und wir zeigen als Gesellschaft mit diesem Gesetz, dass wir keine Toleranz gegenüber Menschen haben, die versuchen ohne 'Ja' Sex zu haben."
Zustimmung in der Bevölkerung
In einer Blitzumfrage des schwedischen Radioprogramms P3 wurde ein erstes Stimmungsbild zum Gesetz abgefragt, erklärt unser Schweden-Korrespondent. Bei 1000 Befragten im Alter von 18- bis 29 Jahren begrüßten Dreiviertel das Gesetz als positives Gesetz. "Zweidrittel haben in der Umfrage jedoch auch gesagt, dass sie nicht erwarten, dass es dadurch in Schweden künftig weniger Sexualverbrechen gibt," sagt Carsten Schmiester.