Neue Daten zeigen: Die Zahl von Menschen, die psychische Störungen nach dem Konsum von Cannabis entwickeln, steigt. Für die Politik könnte das bedeuten, die Cannabis-Legalisierung mit entsprechenden Maßnahmen zu begleiten.

Die Zahl der Menschen in Deutschland, die Cannabis konsumieren und mit psychischen Störungen im Krankenhaus behandelt worden sind, hat sich zwischen dem Jahr 2000 und 2018 knapp versechsfacht.

Waren es im Jahr 2000 noch rund 3400 Personen, erreichte die Zahl der Fälle 2018 bereits knapp 19.100. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie "Incidence of inpatient cases with mental disorders due to use of cannabinoids in Germany: a nationwide evaluation", an der unter anderem Forschende der Universitätsklinik Ulm beteiligt waren.

Zu diesen psychischen Störungen zählt Maximilian Gahr, Leitung der Hochschulambulanz und der Psychiatrischen Institutsambulanz der Uniklinik Ulm, unter anderem: Cannabinoidabhängigkeit, Vergiftungserscheinungen, psychotische Störungen aufgrund von Cannabinoidgebrauch, Halluzinationen, Wahn, Verfolgung, Desorganisation und Entzugssyndrome.

Synthetische Cannabinoide und mehr THC

Maximilian Gahr sagt: Sicherlich sei ein Grund für den Anstieg die Zunahme der THC-Konsumhäufigkeit in der Allgemeinbevölkerung. Dazu komme Marihuana mit einem erhöhten THC-Gehalt und synthetische Cannabinoide.

"Synthetische Cannabinoide haben bekanntermaßen ein höheres Risiko, abhängig zu machen, ein höheres Risiko schwere Intoxikationen zu verursachen."
Maximilian Gahr, Leiter der Hochschulambulanz Ulm, der Psychiatrischen Institutsambulanz und der Tagesklinik

Die Gruppe psychischer Störungen ist im Kapitel F des internationalen Erkrankungskatalogs ICD-10 klar definiert, sagt er. Bei der ursächlichen Zuordnung einer psychischen Störung zum Cannabiskonsum, habe die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt allerdings großen Ermessensspielraum. Entweder werde der Zusammenhang zwischen THC-Konsum und psychischer Störung hergestellt oder eben nicht.

Legalisierung als Spannungsfeld

Sollte Cannabis in Deutschland legalisiert werden, prognostiziert Maximilian Gahr ein Anstieg der Zahl psychischer Störungen – einfach, weil mehr Menschen Cannabis konsumieren. Andererseits habe sich der nun nachgezeichnete Trend entwickelt, während der Gebrauch von Cannabinoiden illegal ist.

Aus ihrer Studie leiten die Autor*innen einen Bedarf an geeigneten Maßnahmen zur Verhinderung psychischer Störungen in Folge von Cannabiskonsum ab.

Shownotes
Neue Daten zu THC
Nach Cannabis-Konsum: Mehr psychische Störungen und Krankenhausbehandlungen
vom 01. Februar 2022
Moderatorin: 
Sonja Meschkat
Gesprächspartner: 
Maximilian Gahr, Leiter der Hochschulambulanz Ulm, der Psychiatrischen Institutsambulanz und der Tagesklinik