Nestlé soll Arbeiter in Thailand ausbeuten. Von Sklaverei, Menschenhandel und Kinderarbeit ist die Rede. Jetzt hat der Konzern selbst eine unabhängige Studie in Auftrag gegeben. Heraus kam ein Strauß an Menschenrechtsverletzungen. Geschickte PR oder ehrliche Aufarbeitung?
Die Vorwürfe gegen Nestlé sind nicht neu. Neu ist aber der Umgang damit. Der Konzern hat die unabhängige Menschenrechtsorganisation Verité mit einer Studie beauftragt. Darin hat sich die NGO mit den Lieferketten beschäftigt und die Arbeitsverhältnisse auf thailändischen Fischkuttern ins Auge gefasst. Deren Fang wird für Nestlé weiterverarbeitet. Auf diesen Schiffen herrschen laut Studie sklavenähnliche Verhältnisse:
- Arbeiter sind oft nicht wie angegeben aus Thailand, sondern aus Myanmar oder Kambodscha
- Sie werden unter menschenunwürdigen Bedingungen transportiert
- Angeblich angefallene Transportkosten müssen sie abarbeiten bevor sie Lohn bekommen
- Sie werden sehr gefährlichen Arbeitsbedingungen ausgesetzt
- Arbeiter werden auf den Trawlern psychisch und körperlich eingeschüchtert
- Der Pass wird ihnen abgenommen, damit kein Kontakt zur Außenwelt möglich ist
Nicht besonders glaubwürdig
Der generelle Trend großer Konzerne sich mit den Zuständen bei ihren Zulieferern und in den Lieferketten zu beschäftigen, hat wenig mit Fairness, Nachhaltigkeit und Umweltschutz zu tun. Fundierte Anschuldigungen in diese Richtungen hatte Nestlé zuerst abgestritten. Hinter angeblichen Verhaltenskodizes von Zulieferern können sich Konzerne gut verstecken, bis sie selber in die Pflicht genommen werden, sich die Zustände genauer anzuschauen. Das passiert auf Druck der Länder oder der EU. Ausschlaggebend ist oft die Haltung der Konsumenten - und die scheint sich nach Ereignissen wie dem Einsturz der Textil-Fabrik Rana Plaza verändert zu haben.
"Erst der Druck der Käufer führt dazu, dass Firmen ihr Geschäftsmodell auch ökonomisch bedroht sehen: Denn ohne Konsumenten oder Geldgeber ist das natürlich in Frage gestellt und das ist dann ganz oft erst der Trigger für Firmen, was zu ändern."
Nach der Kritik an der Ausbeutung von Trinkwasserquellen und den Brandrodungen der Palmöl-Plantagen, hatte Nestlé anscheinend dazu gelernt: Mit #FragNestlé auf Twitter versuchte der Konzern Nutzer für sich zu gewinnen, indem er auf kritische Nachfragen Transparenz zeigen wollte. Das Netz hatte dafür nur Hohn und Spott übrig.
Bei aller berechtigter Kritik an Nestlé ist die unabhängige Studie hingegen ein lobenswerter Schritt. Entscheidend ist, was nun folgt.
"Das Verständnis von Wirtschaft hat sich gewandelt: Verbraucher wollen immer öfter wissen, wo ihre Waren herkommen - auch wenn diese Diskussion erst einmal noch in einer kleinen, priviligierten Käuferschicht stattfindet."