Zwei Milliarden Euro pro Jahr – das fordern sieben Naturschutzorganisationen von der kommenden Regierung. Denn so viel bräuchte es, um tatsächlich Naturschutz zu gewährleisten. Doch nicht nur das: Sie wollen auch, dass die gesamte bisherige Finanzierung von Natur- und Landschaftsschutz umstrukturiert wird. Denn so wie es bisher laufe, könne es nicht weitergehen.
Der Naturschutz braucht dringend mehr Geld – mindestens zwei Milliarden Euro pro Jahr seien nötig, um tatsächlich etwas bewirken zu können. So heißt es im Appell von sieben Naturschutzorganisationen. Darunter etwa WWF, Nabu, Bund und DNR. Das bisherige Finanzierungssystem schlage oft fehl.
"Naturschutz ist bei uns im Grundgesetz festgeschrieben – da heißt es in Artikel 20a, dass der Staat 'für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere' schützt."
Grundsätzlich ist in Deutschland der Staat zu Naturschutz verpflichtet. Dafür hat er laut Grundgesetz Sorge zu tragen. Aber: In Sachen Naturschutz sind meistens die einzelnen Bundesländer zuständig, erklärt Wiebke Lehnhoff von den Deutschlandfunk-Nova-Wissensnachrichten. Das wirkt sich auch auf die Finanzierung aus.
Das heißt, die Finanzierung obliegt oft den Kommunen. Diese haben eigene Programme und Stiftungen mit denen Naturschutz finanziert wird. Aber es gibt große regionale Unterschiede, wie viel Geld ihnen zur Verfügung steht.
Fünf verschiedene Finanzierungsquellen für Naturschutz
Daneben besteht auch die Möglichkeit, Förderung bei der Europäischen Union zu beantragen oder über private Finanzierung an Mittel zu kommen, etwa durch Spenden, Stiftungen und Sponsoring.
Insgesamt ergeben sich also fünf Möglichkeiten, um in Deutschland Geld für Naturschutz zu bekommen: von der EU, vom Bund, von den Ländern, von den Kommunen, und aus privaten Mitteln.
"Zum einen entscheiden vor allem die regierenden Parteien vor Ort, was wo an Naturschutz umgesetzt wird. Zum anderen hängt es davon ab, wie viel Geld eine Kommune oder ein Bundesland überhaupt zur Verfügung hat."
In der Realität aber entscheiden über finanzielle Mittel vor allem die Kommunen – also die Parteien vor Ort, erklärt unsere Reporterin. Wo tatsächlich wie viel Geld ankommt, hänge auch stark davon ab, wie viel Geld die Kommune überhaupt zur Verfügung hat.
In reichen Bundesländern wie Bayern und Baden-Württemberg sei das eben mehr als in beispielsweise Mecklenburg-Vorpommern, erklärt Konstantin Kreiser vom Nabu. Gerade die ärmeren Länder seien dann auf die Unterstützung von der EU und von Bundesebene abhängig.
Manchmal keine Beantragung von Fördergeldern möglich
Doch das ist ein Problem: Selbst, wenn es Fördergelder von der EU geben könnte – einige dieser Länder können diese gar nicht erst beantragen. Denn sie müssten einen Eigenanteil tragen und auch dafür fehlt oft schon das Geld.
Auch der Bund kann dieses fehlende Geld nicht einfach dazugeben. Denn: Gesetzlich ist Naturschutz eben Ländersache.
"Eine Ausnahme ist eine Bund-Länder-Kooperation, eine sogenannte 'Gemeinschaftsaufgabe' – dadurch hat der Bund zum Beispiel im Küstenschutz mehr Kompetenzen und darf Geld geben."
Zwar können Ausnahmen beschlossen werden, doch in vielen Bereichen geht das nicht. Oft darf der Bund nicht die Verwaltung finanzieren, damit die föderalistischen Strukturen nicht untergraben werden. Sondern beispielsweise nur die Bagger bezahlen, die für ein bestimmtes Projekt benötigt werden, erklärt Konstantin Kreiser.
"Es heißt oft, der Naturschutz würde Planungsverfahren blockieren. Tatsächlich fehlt der Naturschutzverwaltung und den Planungsbehörden gutes Personal, was solche Planungen schnell und für alle Seiten verträglich umsetzen könnte."
Daneben spielt nach Meinung des Experten auch das Personal eine große Rolle. Auch daran mangelt es vielerorts. Für einen reibungslosen Ablauf würde es an vielen Stellen mehr Personal brauchen.
Bundesnaturschutzfond soll geschaffen werden
Um diese Defizite auszugleichen, fordern die sieben Naturschutzorganisationen, dass die nächste Bundesregierung für den Naturschutz in Bund, Ländern und Kommunen mindestens zwei Milliarden Euro pro Jahr zur Verfügung stellt.
Dafür sollen ein Bundesnaturschutzfond und eine neue Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern eingerichtet werden: "Gemeinschaftsaufgabe Biologische Vielfalt". So kann der Bund die Länder und Kommunen besser unterstützen.
"Das Bundesumweltministerium hat mir auf Anfrage bestätigt, dass der Naturschutz in Deutschland unterfinanziert ist."
Auf Anfrage unserer Reporterin bestätigte das Bundesumweltministerium, dass der Naturschutz in Deutschland unterfinanziert sei. Um welche Summe es sich dabei genau handelt, müsse noch errechnet werden, aber zwei Milliarden Euro klinge erst einmal "plausibel".
Finanzierungswechsel hängt von Bundestagswahl ab
Ob es zu einer Neuausrichtung der Gemeinschaftsausgabe kommt, hängt auch davon ab, wie die kommende Bundestagswahl ausgeht. Denn für das Vorhaben müsste Artikel 91a im Grundgesetz geändert werden. Dafür wäre eine Zweidrittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat nötig, erklärt unsere Reporterin. Ob die erreicht wird, hängt davon ab, wie der Bundestag besetzt ist.