Wälder, Böden und Meere vor dem Burnout
Nicht nur Menschen kann Stress ganz schön Kraft kosten. Genauso geht es Tieren, Pflanzen und überhaupt dem gesamten Ökosystems wegen des Klimwawandels. Der Nachhaltigkeitsforscher Uwe Schneidewind und der Klimatologe Hartmut Graßl zeichnen in ihren Vorträgen ein düsteres Szenario.
Uwe Schneidewind kritisiert in seinem Vortrag unser Wirtschafts- und Gesellschaftssystem: Das sei immer mehr auf Konsum und Wohlstand getrimmt. Er plädiert für das Gegenteil und argumentiert unter anderem mit der dänischen Hauptstadt Kopenhagen.
Verzicht: Schlecht fürs Brutto-sozialprodukt – aber gut fürs Klima
Wenn sechzig Prozent der Einwohner dort – so geschehen – plötzlich ihr Auto stehen lassen und mit dem Fahrrad in die Stadt fahren, sei das ein großes Vernichtungsprogramm für das Bruttosozialprodukt. Dies würde nicht nur dem Klima gut tun, sondern auch die Menschen fühlten sich dabei besser.
"Wenn sie nicht mehr in Riesenmengen Fleisch essen, 20 Kilo Übergewicht haben und früh Diabetes entwickeln, sondern sie sich gesund ernähren, ist das Bruttosozialprodukt-Vernichtung."
Uwe Schneidewind attackiert scharf die Ökonomen, die auf permanentes Wachstum setzten, um das jetzige Wirtschaftssystem am Laufen zu halten – gleich um welchen Preis.
Wälder als CO2-Zwischenspeicher - Wie lang noch?
Der Klimatologe Hartmut Graßl fragt sich, wie lange uns noch die Wälder in ihrer Funktion als Zwischenspeicher für Kohlendioxid schützen können. Prognosen darüber sind offenbar sehr schwierig und wenn dieser Schutz wegbricht, könnte alles recht schnell gehen.
"Etwa ein knappes Drittel von dem, was wir jedes Jahr in die Atmosphäre blasen, geht in diese Zwischenlager."
Das "Zwischenlager Wald" könne jedoch jederzeit kollabieren und gleichzeitig der Meeresspiegel rasant ansteigen. Wenn wir nicht rasch handelten, sei ein Anstieg von mehreren Metern in nur kurzer Zeit irgendwann nicht mehr zu verhindern.
Die Vorträge
Beide Vorträge wurden im Rahmen des Aktionstages "Aufklärung 2.0" der Hochschule Koblenz aufgezeichnet. Gemeinsam mit weiteren Hochschulen und der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler hat sie an diesem Tag Vorträge und Panels veranstaltet, um vor allem mit der jungen Generation über Klima und Nachhaltigkeit ins Gespräch zu kommen.
Die Keynote unter dem Titel "Wir sind dran. Warum es einer Aufklärung 2.0 bedarf" hielt am 16. Januar 2020 hielt Ernst Ulrich von Weizsäcker. Diesen Vortrag könnt ihr hier hören.
Darauf aufbauend referierte unter anderem Uwe Schneidewind, der bis April 2020 wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal-Institut war und nun Lehrbeauftragter an der Bergischen Universität in Wuppertal ist. Sein Vortrag hieß: "Ökonomie in der großen Transformation".
Hartmut Graßl ist bereits seit vielen Jahren emeritiert, hält aber regelmäßig als Klimaforscher Vorträge über Nachhaltigkeit – im Rahmen des Aktionstages über "Klimawandel und -anpassung". Er gehört der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler an, ist ehemaliger Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie und ehemaliger Professor der Universität Hamburg.