Bislang war dieser Sommer ganz schön oft verregnet. Laut Deutschem Wetterdienst war es in den vergangenen zwölf Monaten sogar so nass wie noch nie seit Messbeginn im Jahr 1881. Immerhin: Super für den Wald, denken sich viele tröstend. Aber ganz so einfach ist es leider nicht.

Es hat zwar mehr geregnet, es ist aber auch wesentlich wärmer als früher, ordnet Nicole Wellbrock ein, Leiterin des Arbeitsbereichs Bodenschutz und Waldzustand am Thünen-Institut für Waldökosysteme in Eberswalde. Und wärmeres Wetter führt dazu, dass mehr Wasser verdunstet und gar nicht in den Boden einsickert. Mehr Regen heißt also nicht zwingend auch mehr Wasser für die Bäume.

"Es hat zwar mehr geregnet, aber es ist ja auch viel wärmer als im Durchschnitt. Dann verdunstet auch mehr, und es kann weniger Niederschlag in den Boden einsickern."
Nicole Wellbrock, Thünen-Institut für Waldökosysteme

Dieses Jahr kein Trockenstress

Gut ist aber, so die Waldforscherin, dass der Regen ausreicht, damit die Pflanzen in keinen Trockenstress verfallen. Besonders sogenannte Flachwurzler wie zum Beispiel Fichten sind dafür anfällig, weil ihre Wurzeln nur die oberen Bodenschichten erreichen und so nur von dort Wasser bekommen können.

Außerdem können sich mit dem vielen Regen natürliche Wasserpuffer im Boden wieder auffüllen, erklärt sie weiter. Das ist wichtig, weil in der Zukunft ja wieder trockenere Jahre kommen können.

Insgesamt aber muss man klar sagen, dass es den Bäumen nach den Jahren 2018 bis 2020 heute deutlich schlechter geht als früher, betont Nicole Wellbrock. Kurzfristig sei hier keine Entspannung der Lage zu erwarten.

Schädlinge nehmen zu

Dazu kommt, dass durch den Klimawandel schon jetzt mehr und neue Schädlinge in den Wald eingewandert sind, ergänzt sie – die gestiegenen Temperaturen bieten ihnen gute Bedingungen. Auch der Borkenkäfer sei weiter im Bestand – und der freut sich eher über warme, feuchte Sommer.

"Wir haben viele Schadinsekten, die durch den Klimawandel eingewandert sind und sich jetzt durch den Wald fressen. Durch mildere Winter können die überleben und sich besser vermehren."
Nicole Wellbrock, Thünen-Institut für Waldökosysteme

Weil die Winter milder sind, sterben die Schädlinge nicht mehr ab und vermehren sich besser. Deshalb sehe es mittel- und langfristig für den deutschen Wald nicht so gut aus. Für die Fichten zum Beispiel, sagt Nicole Wellbrock, ist der Zug schon abgefahren.

"Viele Bestände sind abgestorben. Wir hatten ja eine Schadfläche, die so groß ist wie das Saarland. Das waren vor allem Fichten."
Nicole Wellbrock, Thünen-Institut für Waldökosysteme

Die jährlich durchgeführte Waldzustandserhebung kam zuletzt zu dem Ergebnis, dass nur jeder fünfte Baum gesund ist. Deshalb spricht sich auch Nicole Wellbrock dafür aus, vermehrt Baumarten anzubauen, die mit dem neuen Klima besser zurechtkommen.

Waldumbau dringend nötig

Zudem sollten Mischbestände gefördert werden – also Wälder, in denen mehrere Baumarten zusammen stehen wie etwa Nadel- und Laubbäume. Allerdings, so die Waldökologin, gibt es keine Baumart, für die das neue Klima wirklich perfekt ist.

Selbst Baumarten wie etwa die Eiche, die vergleichsweise sehr resistent gegen Trockenheit ist, hätten mit mehr Schädlingsbefall zu kämpfen – vor allem etwa dem dem Eichenprachtkäfer, der sich dieses Jahr gut vermehrt hat. Wichtig ist deshalb jetzt, so Nicole Wellbrock, das Risiko zu streuen und verschiedene Baumarten anzupflanzen.

Shownotes
Bäume und Klimawandel
Ein nasser Sommer rettet noch keinen Wald
vom 04. August 2024
Moderatorin: 
Caro Nieder
Gesprächspartnerin: 
Nicole Wellbrock vom Thünen-Institut